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Den bundesweiten Neonazi-Aufmarsch in Stolberg/Rheinland am 4.4 verhindern.

Den bundesweiten Neonazi-Aufmarsch in Stolberg/Rheinland am 4.4 verhindern.

Alle Jahre wieder?
Im April 2009 jährt sich eine tödliche Auseinandersetzung, die in Stolberg stattfand. Sie wird und wurde von Neonazis zum Anlass genommen ein bundes- wenn nicht europaweites Großereignis der extremen Rechten zu etablieren. Erneut planen dieses Jahr hunderte Neonazis einen Aufmarsch in Stolberg/Rhld. Das Ereignis und das, was Neonazis daraus machen, wirkt sich weit über die Region hinaus auf neofaschistische Strukturen aus.

Was steht an?
Am 4.4. 2009 rufen Neonazis erneut dazu auf, in Stolberg aufzumarschieren. „Sicher leben – ohne Multikulti“ soll das diesjährige Motto heißen, das die rassistische Instrumentalisierung der Tötung auf den Punkt bringt. Als Gedenkmarsch deklariert, werden hunderte Neonazis, „freie und parteigebundene Kräfte“ geeint, durch das migrantische Viertel marschieren, um dort ihre rassistischen Phantasien denen entgegenzuschleudern, die ihre menschenverachtende Gewalt fokussiert. Wenn wir das nicht – alle zusammen – verhindern.

Verhindern? Verhindern!
Zusammen verhindern heißt für uns die Vernetzung mit Anwohner_innen aus dem Viertel, in dem der Aufmarsch stattfinden soll, heißt für uns die Verschiedenheit der Widerstandsformen als Wert zu begreifen und daraus folgend, den Nazis möglichst vielfältige Aktionsformen entgegenzusetzen. Gerade im migrantischen Viertel gab es im letzten Jahr massive Gegenwehr gegen die Aufmärsche. Daran wollen wir anschließen.
Nun könnten wir uns damit retten, zu sagen: Das ist doch nur ein kleines Dorf im Nirgendwo. Das Ereignis, was dort aber konstruiert wird, wirkt erstarkend auf die gesamte Neonaziszene. Eine sich einstellende Routine, ein Großereignis für die extreme Rechte, müssen wir, müssen Antifaschist_innen aufbrechen, bevor es sich etabliert, bevor es zu einem festen Datum in einem jeden Nazikalender wird, bevor der Mythos sich durchgesetzt hat.

Was war.
Im rheinländischen Stolberg bei Aachen kam es am Abend des 4. April 2008 zu einer tödlichen Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppen. Kevin P., der mit mindestens einem Neonazis unterwegs war wurde im Zuge dieser Streitigkeiten erstochen.
Bereits Stunden nach dem Vorfall diskutierten Neonazis in ihren Foren das Ereignis. Schnell stand fest, dass weit über die Region hinaus die extreme Rechte den Tod des Jungen für sich zu vereinnahmen suchte. Genauso wie Kevin P. zu einem Märtyrer und Neonazi stilisiert wurde, konstruierte die NS-Szene den für die Tat verhafteten Staatenlosen als „Ausländer“.
Infolge dieses Ereignisses fanden im April 2008 in rascher Folge zwei Aufmärsche der extremen Rechten im nordrheinwestfälischen Stolberg bei Aachen statt. Am 12.4.2008 beteiligten sich spektrums- und länderübergreifend 800 Neonazis an einem von Christian Worch mitorganisierten Aufmarsch. Parallel dazu fanden in mehreren Städten spontane Manifestationen der extremen Rechten statt. Auch während des Stolberger Aufmarsches, aber auch am Tag nach dem tödlichen Konflikt, wurden massive Drohungen gegen Migrant_innen transportiert. Zwei Wochen später marschierten erneut 450 Neonazis auf – diesmal aus dem NPD-Spektrum.
An beiden Demonstrationen beteiligten sich neben der gesammelten deutschen ‚Naziprominenz’ Neofaschist_innen aus dem europäischen Ausland. Nach den Aufmärschen tönte Worch: „Die letzten drei Wochen waren geprägt von Aktionen oder parlamentarischen Engagement wie es die Region in dieser Art und Weise von nationaler Seite noch nicht erlebt haben dürfte – dies sollte aber erst der Anfang sein!“ und kündigte an: „Wir werden jedes Jahr für Kevin auf die Straße gehen!“. Inzwischen hat die örtliche NPD unter Ingo Haller bis 2018 jährliche Demonstrationen angemeldet.
In Stolberg, einem Ort, der für Szenekenner_innen kein unbeschriebenes Blatt sein dürfte. Rund 25 Jahre – bis 1991- befand sich in Stolberg der Sitz der inzwischen verbotenen neonazistischen Wiking-Jugend. Wolfgang Nahrath und später sein Sohn Wolfram betrieben von ihrem Privathaus in Stolberg-Büsbach aus die Bundeszentrale dieser Organisation. Zudem hat die NPD in Stolberg gleich zwei Ratsmandate inne, die DVU ein weiteres. Die passende Stadt zum Ereignis – so scheint es.

„Im Gedächtnis halten“
Auch in der Folgezeit verschwand Stolberg nicht aus den Debatten der NS-Szene. Ob in Presseorganen der Parteigebundenen oder „Freien“, ein Großteil der extremen Rechten strickte fleißig und ausdauernd an der Mythenbildung. „Der Mord von Stolberg“ wurde nicht nur in der „Deutschen Stimme“ zum Slogan für die Ereignisse.
Zum Urteil im Prozess um die tödliche Auseinandersetzung entstand eine erneute Diskussion. Nazis debattierten das Gerichtsurteil vom Oktober 2008, das 6 Jahre Haft für den Beschuldigten vorsah. Zuvor kündigte Christian Worch an, in dem Falle eines „zu milden“ Urteils, werde er in Aachen vor dem Amtsgericht aufmarschieren lassen. Anscheinend im Gegensatz zu Worch fanden die User_innen von Altermedia das Urteil tatsächlich zu milde und diskutieren frei heraus Todesstrafe und Selbstjustiz.
Die Debatten, ob der Getötete nun einer der Ihren war, ein „Nationalist“ oder eben ‚nur’ ein „junger Deutscher“ zogen sich durch das gesamte Jahr. In jedem Fall, so die NS-Szene sei aber deutlich, dass die Ereignisse in Stolberg ein prima Beweis für „Ausländerkriminalität“ seien, ein Beweis, der das Selbstbild der extremen Rechten als Opfer bestärken soll.

Bei einem weiteren Großereignis der (nord)europäischen Rechten, beim Salemmarsch 2008 rief der Neonazi Patrick Müller die Tötung des jungen Mannes in Stolberg in Erinnerung.

Parallelen zu Salem
In Salem, einem Vorort Stockholms, wurde im Jahr 2000 ein junger Neonazi in einer Auseinandersetzung mit Migrant_innen umgebracht. Auch dort wurde der Tote umgehend zum Märtyrer stilisiert. Seitdem findet in Salem jedes Jahr einer der größten NS-Aufmärsche Nordeuropas statt. An diese ‚Tradition’ schien man in Sachen Stolberg anknüpfen zu wollen. Einer der prominentesten deutschen Teilnehmer des Aufmarsches im schwedischen Salem ist Christian Worch, der offensichtlich ein Faible für Märtyrer hat. Er fragte – nicht als einziger – bereits am 27.4.2008 im Bezug auf Stolberg rhetorisch: „Wird Stolberg das ‚deutsche Salem’?“
In der Rede Müllers in Salem 2008 wurden beide Ereignisse, Salem wie Stolberg in Bezug zueinander gesetzt und für rassistische Implikationen genutzt. Phantasiert wird von einer permanenten Gewalt ausgehend von Migrant_innen gegen „Nationalisten“. Explizit geht Müller auf Stolberg ein, schreibt dem getöteten Kevin P. zu, er habe sterben müssen „weil er sich zu Deutschland und seinem Volk bekannte“. Müllers Schlussworte haben angesichts der andauernden rassistischen und faschistischen Gewalt einen besonders fahlen Beigeschmack: „Verliert nicht das Ziel aus den Augen! Bewahrt unsere Völker vor dem Volkstod. Wenn ihr etwas an der Situation verändern wollt, dann macht das radikal und politisch!“

Was damit gemeint sein könnte, zeigen die Geschehnisse im Vorfeld des diesjährigen Salemmarsches. So häuften sich in Stockholm in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu dem Aufmarsch in Salem Mordversuche von Neonazis gegen AntifaschistInnen. Politischer Mord gehört seit jeher zum Repertoire faschistischer Ideologie, ebenso wie zynischer Vernichtungswahn. So feierten deutsche Neonazis die Anschläge in Schweden, bedauerten allerdings, dass dabei keine Menschen zu Tode kamen.

Heldengedenken, Märtyrerkult und Mytenbildung
Wohin das Zusammenspiel aus Opferkult, Märtyrertum und Heldenmythos führt, zeigen uns solche Geschehnisse mehr als deutlich.
Es geht der extremen Rechten bei Veranstaltungen wie in Salem und Stolberg um den Beweis und die Bestärkung der Disziplin, um die Einschüchterung vermeintlicher Gegner_innen und um die Erinnerung an die Pflicht gegenüber der Kameradschaft. Zudem soll der Opferkult der extremen Rechten durch alljährliche Rituale zum Gedenken der Märtyrer aufrechterhalten werden.
Die Neonazi-Szene versucht in Stolberg ein symbolisches Datum, ein Großereignis zu etablieren, mit dem bundesweit ein Aufmarschanlass geschaffen und zudem eine teils taktisch zerstrittene Szene geeint werden soll. Und so setzt sich in Neonazikreisen eine Konstruktion der Ereignisse durch, die auf Opfermythos, Märtyrerkult und rassistische Implikationen setzt. Es wird ein Bild gezeichnet, nachdem die Tat nur ein weiteres Beispiel für eine ständige Verfolgung „der Deutschen“, der Nationalist_innen durch Migrant_innen, durch Linke und durch eine breite Öffentlichkeit sei, gegen die sie sich gemeinsam, entschlossen und gewaltsam zur Wehr setzten müssten.
Dass diese Ereignisse so viel Aufmerksamkeit in der Neonazi-Szene erreichen konnten, hat nicht zuletzt mit der Funktion des Märtyrergedankens zu tun. Funktion des ritualisierten Gedenkens ist die Schaffung eines gemeinsamen Selbstbildes, eines kollektiven „Wir“ der TeilnehmerInnen. Durch Erinnerungskult kann so eine idealisierte Form des Handelns transportiert werden: Belebt wird das männliche Bild des Kämpfers, des Standhaften, des Opferbereiten, des Unbeugbaren. Der Märtyrer-Mythos verlangt nach einer Stilisierung des geopferten „Helden“.
Der historische Opferdiskurs der extremen Rechten wird immer wieder angestrengt. Sei es in Dresden oder Wunsiedel, wo sich Rechte als Opfer der Alliierten generieren, sei es in dem Themenfeld der Meinungsfreiheit, in dem sich ausgerechnet Neonazis als Träger_innen eingeschränkter Rechte und Betroffene staatlicher Repression wahrnehmen oder sei es im Bereich Migrationspolitik, in dem ‚Deutsche’ der extremen Rechten als Opfer demographischer Entwicklungen oder durch überall als präsent imaginierte Gewalt gelten. ‚Opfer-sein’ ist bei extrem Rechten nicht zuletzt deshalb so beliebt, weil aus einer unterdrückten Position heraus der verzweifelt heroische Kampf mit allen Mitteln gegen die vermeintlichen Unterdrücker legitimiert werden kann.
Die Mythologisierung der Ereignisse in Stolberg bietet einen Anschlusspunkt für rassistische Opferdiskurse und bedient so eines der wichtigsten Kampffelder der Rechten. Es geht bei der Konstruktion eines Märtyrers eben nicht um die konkrete Person, sondern um die Funktion, die ihr Tod einnehmen kann.

Effekte
Ein solches – bundesweit diskutiertes – Ereignis wie in Stolberg, wirkt auf die Szene zurück. So feierten die „Autonomen Nationalisten“ bundesweit den ersten Stolberger Aufmarsch als den ersten großen militant agierenden „Schwarzen Block“ – noch vor dem ersten Mai in Hamburg. „Freie Kameradschaften“ und NPD zeigten eine selten so offen zur Schau gestellte Einigkeit. Diese drückt sich auch darin aus, dass dieses Jahr – im Gegensatz zum letzten – ein gemeinsamer Aufmarsch-Termin angesetzt wurde. Der gemeinsame Wunsch nach dem Opfer-Sein scheint zu einen. Auch in Aachen zeigt Stolberg Effekte:
Die Aachener Neonaziszene hat sich spätestens seit 2008 mobilisiert. Die Strategie Aachener Nazis, den proklamierten „Kampf um die Straße“ zu forcieren, ist wohl am ehesten als logische Konsequenz des neu gewonnenen Wir-Gefühls deutbar. Es ist ein verstärktes Bemühen der Aachener Neonazi-Szene zu beobachten, in die Öffentlichkeit zu treten, die Straßen als ihre zu proklamieren und gewalttätig gegen ihre Gegner_innen vorzugehen. Nahezu jedes Wochenende kommt es in der Aachener Innenstadt zu Übergriffen durch „Autonome Nationalisten“. Erst kürzlich stellte zudem die Kameradschaft Aachener Land Formulare online, auf denen Antifaschist_innen mit Namen und Fotos zu melden sind.
Allein im letzten Jahr fanden in Aachen und Umland sechs Aufmärsche der extremen Rechten statt.

Kommt nach Stolberg, kommt in das Mühlener Viertel und verhindert mit uns, dass Nazis dort marschieren!

Naziaufmarsch verhindern!
Die Mühle bleibt Nazifrei!
Deconstruct the Myth of Stolberg!

AK Antifa Aachen
Antifa AK Cologne

PM zum Halbjahresbericht des VS NRW

Pressemitteilung 9.1.2009 AK Antifa Aachen

Laut des Halbjahresberichtes des „Verfassungsschutzes NRW“ ist die Zahl der Gewaltdelikte von rechts im ersten Halbjahr 2008 um 21,3 % gestiegen. Maßgeblich verantwortlich für das Erstarken der extremen Rechten sind laut VS die so genannten „Autonomen Nationalisten“ (AN). Neben dem östlichen Ruhrgebiet liegt ein Schwerpunkt der AN’s im Großraum Aachen. In diesem Zusammenhang wird von Gewaltdelikten aus nicht organisierten Strukturen heraus gesprochen. Seit dem Auftreten so genannter „Autonomer Nationalisten“ weisen Antifaschistinnen und Antifaschisten darauf hin, dass es sich bei diesem Phänomen keineswegs um nicht organisierte Strukturen handelt, sondern um taktische Übernahmen der Codes des „Lifestyles“ linker autonomer Bewegungen. Während Inhalte nicht übernommen werden, findet eine Vereinnahmung der Ästhetiken statt. Der Bezug auf Konzepte der Autonomie, der in der Selbstbezeichnung dieser extrem rechten NS-orientierten Gruppen gezogen wird, ist irreleitend. So handelt es sich doch um straff organisierte durchhierarchisierte, dem Führerprinzip folgende neonazistische Strukturen. Autonomie hingegen bedeutet den Wunsch nach Selbstbestimmung und Freiheit von Hierarchie. Jüngst beschrieb ein junger Neonaziaussteiger aus Dortmund in dem von DER ZEIT initiierten Internetblog „Netz gegen Nazis“ die Organisationsstruktur der AN’s. Um Strafverfolgung und Organisationsverboten zu entgehen sei „nach Außen, also zum Beispiel für die Polizei, […] Aufbau der Szene und Organisation nicht mehr erkennbar […]“. Entgegen autonomen Konzepten gebe es „eine breite Masse von Mitläufern, und es gibt einige wenige Führungskader, die den Ton angeben und die ‚Masse’ dirigieren“.
Zu Bewertungen dieser neonazistischen Gruppen, die diese als unorganisiert oder gar als „Haufen Irregeleiteter“, als „Einzeltäter“ darstellen meint Astrid Stern, eine Sprecherin des AK Antifa Aachen: „Diese Bagatellisierung neofaschistischer Strukturen heißt auch, sich nicht mit der für viele Menschen konkreten Gefahr durch extreme Rechte auseinanderzusetzen. Von einer ‚niedrigen Frustrationsschwelle’ zu sprechen, verkennt die politische Dimension von Neofaschismus“. In Aachen gibt es verschiedene rechtsextreme Organisationen, neben der „Kameradschaft Aachener Land“, die den NPD nahen „Freien Kameradschaften“ zugeordnet wird, existiert die „AG Rheinland“, ein fester Zusammenschluss verschiedener Gruppen „Autonomer Nationalisten“ aus Aachen, Köln, Pulheim, Mettmann, Düren, Herzogenrath und Leverkusen. Auf das „Konto“ dieser Gruppe gehen etliche Übergriffe der letzten Zeit in Aachen und Umgebung auf Migrantinnen und Migranten, auf politische Gegner und Gegnerinnen.

Indymediaartikel zum 24.12

Auf Indymedia ist bereits vor längerer Zeit ein sehr lesenwerter Artikel zu den Aktionen rund um die Neonazidemo am 24.12 erschienen :
( link zum bericht)

http://de.indymedia.org/2008/12/237364.shtml

Am 24.12. entschlossen gegen rechte Gewalt und ‚aktive Ignoranz’

In letzter Zeit wurde viel von rechten Übergriffen in Aachen und Umgebung berichtet. Die Gewalt hält an, auch in den letzten drei Wochen gab es zahlreiche Übergriffe von rechts auf vermeintliche GegnerInnen. So wird von mind. zwei Attacken auf Linke in der Pontstraße berichtet, daneben von einem unvermittelten Angriff auf ‚alternativ’ aussehende Menschen in Mitten der Stadt durch vier Neonazis. Auch am Autonomen Zentrum Aachen tummelten sich erneut sechs Neonazis, wurden aber in ihrer verzweifelten Suche nach AntifaschistInnen nicht so recht fündig. Nach einer antifaschistischen Informationsveranstaltung in der Pontstraße griffen zudem ‚autonome’ NationalistInnen in der darauf folgenden Nacht einen jungen Mann körperlich an.

Unterdessen wurden – ebenfalls in der Aachener Innenstadt – Plakate gesichtet, die auf ProtagonistInnen der örtlichen NS-Szene aufmerksam machen.

In den letzten Tagen lasen wir immer wieder von gewaltsamen Angriffen durch Neonazis. Sei es in Stockholm, dort fanden im Vorfeld des Salemmarsches mehrere Mordversuche durch FaschistInnen statt, das Autonome Zentrum Cyclopen wurde niedergebrannt, eine Wohnung von SyndiaklistInnen ebenso. Oder sei es in Passau: Dort wurde der örtliche Polizeichef von Neonazis durch einen Angriff mit einem Messer schwer verletzt.
Die bundesdeutsche administrative Öffentlichkeit erkennt zumindest wieder punktuell die Gefahr, die von faschistischer Gewalt ausgeht oder lässt es zumindest verlautbaren. Nicht so in Aachen:

‚Aktive Ignoranz’ lautet das Stichwort unter dem das Aachener Bündnis gegen Rechts unter Federführung von Oberbürgermeister Jürgen Linden beschlossen hat, nicht aktiv gegen einen Neonaziaufmarsch in Aachen am 24.12.2008 zu werden.
Axel Reitz ruft unter dem Motto „Da habt ihr die Bescherung! Meinungs- und Demonstrationsfreiheit ist kein Geschenk, sondern unser Recht!“ zu einem Aufmarsch auf, in Reaktion auf die behördliche Verhinderung einer Nazidemonstration am 8. November, am Vortag der Pogromnacht. Dass sich Neonazis als VerteidigerInnen von Meinungsfreiheit und Demonstrationsfreiheit generieren, ist so absurd wie üblich. In jedem faschistischen Regime wurden diese erkämpften Rechte mit als erstes abgeschafft, ihre VerteidigerInnen ermordet. Die Eigenkonstruktion der extremen Rechten als Verteidigerin dieser Rechte reiht sich nahtlos in den Opferkult von rechts ein, Opfer zu sein ist in diesen Kreisen sehr beliebt.

Mit Verwunderung nehmen wir zur Kenntnis, dass von Kirchen, DGB und Parteien statt Engagement Schweigen, anstatt Intervention Ignoranz empfohlen wird.
„Stell´ dir vor, die Nazis sind in der Stadt – und keiner hält sich daran auf“ titeln die Aachener Nachrichten dieses Vorgehen und treffen damit den Nagel auf den Kopf. Fragen wir uns, was geschieht, wenn Nazis aufmarschieren, aktiv werden, in die Öffentlichkeit treten, faschistische Ideologie vertreten, Menschenverachtung und –vernichtung propagieren und kein Mensch sich daran aufhält. Kurt Tucholsky beschrieb dieses Beschweigen faschistischer Gefahr, die Weigerung aktiv zu werden 1931 in dem Gedicht „Rosen auf den Weg gestreut“. Treffend und zeitlos ironisiert Tucholsky: „Wenn sie in ihren Sälen hetzen, sagt: ‚Ja und Amen – aber gern! Hier habt ihr mich – schlagt mich in Fetzen!’ Und prügeln sie, so lobt den Herrn“.
Wer aus der deutschen Geschichte gelernt hat, dass Ignoranz und Schweigen ein geeignetes Mittel gegen faschistische Organisierung ist, der hat die Geschichtsbücher nicht gelesen.
Man werde sich durch den Aufmarsch nicht provozieren lassen, so heißt es aus den Reihen des so genannten Bündnis gegen Rechts. Wer sich aber nicht von einem öffentlichen Auftreten von notorischen HolocaustleugnerInnen, von ProtagonistInnen der extremen Rechten provozieren lässt, verkennt die Gefahr oder nimmt sie schlicht in Kauf. Eine Sprecherin des Ak Antifa Aachen dazu: „Ignoranz ist schlimm genug, das Propagieren der Ignoranz ebnet FaschistInnen aktiv den Weg. Wir werden uns an diesem Tag den FaschistInnen in den Weg stellen. Wir rufen dazu auf, am 24.12.2008 um 9h am Aachener Hauptbahnhof zu sein und dort zu bleiben, bis die Anreise der Nazis dadurch verhindert worden ist“. Das Antifaschistische Aktionsbündnis Aachen hat unterdessen eine Kundgebung am Bahnhofsvorplatz angemeldet, die – wie schon am 8.11.2008 – in die Hackländerstraße verlegt wurde.

Mordversuche in Stockholm

Im Vorfeld des diesjährigen Naziaufmarsches in Salem bei Stockholm häufen sich Mordversuche von Neonazis gegen AntifaschistInnen. Am 29. November brannte das Autonome Zentrum „Cyclopen“ in Stockholm völlig aus. Das Feuer sollte anscheinend genau zu dem Zeitpunkt ausbrechen, an dem dort eine Veranstaltung der Gruppe „Netzwerk gegen Rassismus“ stattfinden sollte. Diese wurde durch einen glücklichen Zufall ein paar Tage vorher abgesagt, jedoch immer noch im Internet beworben. So wird die Brandstiftung inzwischen als „Brandstiftung mit Tötungsabsicht“ gewertet. Die BetreiberInnen des Cyclopen haben keine Zweifel daran, dass Neonazis das Feuer legten. So wurde das Zentrum immer wieder im Vorfeld der Salem-Märsche bedroht. Richtig erkannt haben die FaschistInnen, dass linke Freiräume, Autonome Zentren ein zuverlässiger Garant für funktionierende antifaschistische Arbeit sind.
Am 1. November brach in der Wohnung von zwei SyndikalistInnen, die dort mit ihrem dreijährigen Kind wohnten, Feuer aus. „Ich sah, wie jemand eine klare Flüssigkeit durch den Briefschlitz in unsere Wohnung goss. Am Geruch erkannte ich, dass es Benzin war. Ich schrie so laut ich konnte: ‚Wir haben ein Kind hier drinnen!‘ Es war unmöglich, dass sie das nicht hörten. Eine Sekunde später zündeten sie das Benzin an“, so die betroffene Gewerkschafterin. Alle drei überlebten, das Kind konnte über einen Balkon NachbarInnen gereicht werden, die beiden GewerkschafterInnen kletterten aus dem dritten Stock des Hauses. Die Polizei geht indes von einem politisch motivierten Anschlag aus, zudem wird vermutet, dass dieser Mordversuch die gleichen Urheber hat, wie der Brandanschlag auf das Kulturzentrum Cyklopen.
Ein halbes Jahr zuvor fanden besagte GewerkschafterInnen, wie viele andere, ihre Namen und Bilder auf einer von Neonazis angelegten „Schwarzen Liste“. Diese wurde von der NS-Gruppe angefertigt, die den Salemmarsch organisiert.

„Heldengedenken“ in Salem und deutsche Reaktionen
In Salem findet jährlich der größte Naziaufmarsch Nordeuropas statt, seitdem dort im Jahr 2000 ein junger Neonazi in einer Auseinandersetzung mit MigrantInnen starb. Umgehend wurde der junge Neonazi zum Märtyrer stilisiert, sein Tod bestärkte die schwedische NS-Szene in ihrem Opferkult. Durch dieses ritualisierte Gedenken soll ein gemeinsames Selbstbild geschaffen werden, als Kämpfer, als standhaft, opferbereit und unbeugbar. Der Opferkult der extremen Rechten rechtfertigt als fundamentaler Bestandteil einer jeden faschistischen Ideologie den Kampf gegen GegnerInnen oder vermeintliche GegnerInnen, rechtfertigt jedes Mittel in diesem Kampf, bis hin zu Mord und Vernichtung. Wohin dieses Zusammenspiel aus Opferkult, Märtyrertum und Heldenmythos führt, zeigen uns die Geschehnisse in Stockholm dieser Tage. Politischer Mord gehört seit jeher zum Repertoire faschistischer Ideologie, ebenso wie zynischer Vernichtungswahn. So feierten deutsche Neonazis die Anschläge in Schweden, bedauerten allerdings, dass dabei keine Menschen zu Tode kamen. „Keine geschmolzenen Zecken? Schade!“ ist nur einer der menschenverachtenden Kommentare nachahmungsfreudiger deutscher Nazis: „Advent, Advent, ein linkes Zentrum brennt. Erst eins, dann zwei,…“. Politischer Mord wird eindeutig befürwortet: „Nicht schießen, lasst sie verbrennen!“, so ein User eines Naziforums. Ganz besonders wird sich über die Vernichtung der Infrastruktur gefreut. Dass im Cyclopen Archive, Bibliotheken und Equipment von Bands dem Brand zum Opfer fielen, wird kommentiert mit „Das fetzt! :)“ und „Einfach nur Geil …..;-))))“, mit „Burn Motherfucker… BURN!“.

Märtyrerkult in Stolberg
Auch in Stolberg bei Aachen versuchen extrem Rechte aus einem Todesfall ein Politikum zu machen. Sie stilisieren einen getöteten jungen Mann zu ihrem Helden, marschierten dieses Jahr diesbezüglich gleich zweimal auf und kündigten bis 2018 jährliche Demonstrationen an. Auch im April 2009 wird Stolberg wieder zum Wallfahrtsort für Neonazis – wenn sich kein breiter Widerstand regt. Die Strategie Aachener Nazis, den proklamierten „Kampf um die Straße“ zu forcieren, ist wohl am ehesten als logische Konsequenz des neu gewonnenen Wir-Gefühls deutbar. Seit den Ereignissen in Stolberg ist ein verstärktes Bemühen der Aachener Neonazi-Szene zu beobachten, in die Öffentlichkeit zu treten, die Straßen als ihre zu proklamieren und gewalttätig gegen ihre GegnerInnen vorzugehen. Erst vor einigen Tagen stellte die Kameradschaft Aachener Land Formulare online, auf denen AntifaschistInnen mit Namen und Fotos zu melden sind. Zudem werden hochauflösende Fotos von antifaschistischen Demonstrationen ins Internet gestellt. Jeder Selbstschutz vor der Erfassung auf „Schwarzen Listen“ wird von der deutschen Justiz als „Vermummung“ strafrechtlich verfolgt.

Faschismus bleibt tödlich
Dass aber „Schwarze Listen“ kein Kinderspiel sind, dass eine Auseinandersetzung mit Neofaschismus tödliche Folgen haben kann, dass Menschen, die sich gegen reaktionäre, faschistische Tendenzen zur Wehr setzen, sich einer massiven Gefährdung aussetzen, ist schmerzlich in Schweden deutlich geworden.

Eine Sprecherin des AK Antifa Aachen kommentiert „Wir werden uns nicht von der Gewalt der FaschistInnen, von ihren Drohungen einschüchtern lassen. Wir senden unsere solidarischen Grüße nach Stockholm und werden, wie die antifaschistischen AktivistInnen dort, auch hier nicht zulassen, dass sich faschistische Strukturen etablieren. Wir werden dem Märtyrerkult in Stolberg entschlossen entgegentreten“.

Unzweifelhaft bleibt, dass dieses Phänomen der Bereitschaft zum Mord, keines ist, das sich nur virtuell ausdrückt. So wurde erst letzte Wochen in Göttingen ein ganzes Waffenarsenal bei Neonazis sichergestellt. Eine Maschinenpistole, ein Repetiergewehr mit Zielfernrohr und Schalldämpfer, eine doppelläufige Schrotflinte, passende Munition, sowie mehrere Messer und Bajonette – so lauten die Ergebnisse der dortigen Hausdurchsuchung.

Und Aachen?
Das Bemühen um Schwarze Listen und das verstärkte Auftreten von Neonazis in der Aachener Innenstadt wird flankiert von den Versuchen, Aufmärsche in der Aachener Innenstadt durchzuführen. Am Vorabend der Gedenken an die Novemberpogrome gelang es Neonazis lediglich, ein Standkundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz abzuhalten. Für den 24. 12. wird erneut der Aufmarsch probiert. So meldeten Nazis unter dem Motto „Da habt ihr die Bescherung“ erneut eine Demonstration an.

Wir rufen dazu auf, am 24.12.2008 um 9h am Aachener Hauptbahnhof zu sein und dort zu bleiben, bis den Nazis dadurch die Anreise verunmöglicht worden ist.

Aachen: Weihnachtsnazis

Nachdem in Aachen jahrelang Nazis nicht öffentlich auftraten, versuchen nun wieder junge extreme Rechte in der Innenstadt Fuß zu fassen. Sie bekommen hierbei Unterstützung von Außerhalb: Reitz und Worch nehmen sich der lokalen Nazi-Szene an, die – neben öffentlichen Saufgelagen und gewalttätigen Übergriffen – nicht viel geregelt bekommt.

In der Region Aachen gibt es einer der aktivsten neonazistischen Szenen in NRW. Gerade um die Stadt Aachen herum gibt es einen „braunen Gürtel“, der auf eine lange Tradition verweisen kann. In diesem Jahr nahmen jedoch die Bemühungen zu, auch in Aachen Innenstadt Präsenz zu zeigen. Es entsteht der Eindruck, dass die Neonazis versuchen, die Region Aachen zu einem Schwerpunkt ihrer Aktivitäten im Rheinland zu machen. So marschierte zunächst im Februar diesen Jahres die NPD in Düren auf, im März wurde von ca. 40 Nazis versucht, eine antifaschistische Demonstration in der Aachener Innenstadt anzugreifen.
Im April wurde in Stolberg ein junger Mann erstochen von dem sich die extreme Rechte so sehr wünschte, er sei einer der ihren gewesen, dass sie infolge dessen in diesem Monat gleich zu drei Aufmärschen in Stolberg auflief.

Seither haben der Märtyrer-Fan Christian Worch sowie der bekennende Antisemit Axel Reitz und die bundesdeutsche NPD-Elite Blut geleckt: Die Existenz der Region Aachen-Düren scheint bei den rechten Kadern nicht nur angekommen sondern überdies auf Interesse gestoßen zu sein. Die Märtyrer-Geschichte um die Vorfälle in Stolberg birgt, wie sich nicht zuletzt an den andauernden Beiträgen auf dem wohl bekanntesten bundesdeutschen Neonaziforum zeigt, ein Potential für die extreme Rechte, welches sich die Kader nur ungern entgehen lassen wollen. So war der Aufmarsch am 12.04.2008 in Stolberg mit fast 800 „Autonomen Nationalisten“ wohl der bis dahin größte so genannten „NS Black Block“ überhaupt. Die NPD meldete vorsorglich schon mal bis ins Jahr 2018 für den 4. April weitere Demonstrationen in Stolberg an.

Durch diesen Mobilisierungserfolg gepusht, verstärkten sich auch die Aktivitäten lokaler Nazis in Aachen Stadt, welche sich neben der NPD überwiegend in der „AG Rheinland“ und in der „Kameradschaft Aachener Land“ organisieren.
Der Aktionismus der noch jungen Aachener Neonaziszene dürfte wohl dazu beigetragen haben, dass Axel Reitz sich in diesem Jahr Aachen aussuchte, um seine Demonstration „Gegen einseitige Vergangenheitsbewältigung. Gedenkt der deutschen Opfer“ zum Jahrestag der Reichspogromnacht durchzuführen. Und auch dieser Termin spornte die lokalen Kräfte an. So gab es allein in den letzten zwei Tagen vor dem Aufmarsch fünf Übergriffe auf (vermeintliche) politische Gegner_innen:
Donnerstag 06.11.2008: Am Aachener Hauptbahnhof greifen drei Neonazis unvermittelt eine Jugendliche an, verfolgen im Anschluss daran zwei Konzertbesucher des Autonomen Zentrums bis sie feststellen müssen, dass es keine gute Idee ist, direkt vors AZ zu laufen. Sie ergreifen die Flucht.
Freitag 07.11.2008: Drei Schüler_innen werden beim Verteilen von Flugblättern gegen den geplanten Naziaufmarsch um ca. 17 Uhr am Kugelbrunnen – Mitten in der Aachener Einkaufszone – von sechs „Autonomen Nationalisten“ angegriffen. Passanten greifen ein und wehren den Naziangriff gemeinsam ab. Abends feiern in der Pontstraße, der Aachener Kneipenmeile, an die 40 Nazis. Zwischen 23-24 Uhr kommt es dann zu einem Angriffsversuch durch 30 Neofaschist_innen auf fünf Antifaschist_innen in der Nähe des Hauptbahnhofes. Flaschen werden gegen einen Imbiss geworfen, in dem sich Antifaschist_innen aufhalten. Diese können jedoch entkommen. In derselben Nacht lauern gegen vier Uhr etwa zehn, mit Holzlatten und Flaschen bewaffnete „Autonome Nationalisten“ den letzten Konzertbesucher_innen auf. Es gibt eine kurze Auseinandersetzung, die Neonazis ergreifen die Flucht.

Am Samstag, den 08.11.2008, dürfen 108 Neonazis am Vortag des 70sten Jahrestages der Reichspogromnacht eine von Axel Reitz angemeldete Kundgebung am Aachener Hauptbahnhof abhalten. Der Gedenktag zum ‚Auftakt’ der Verfolgung und Vernichtung des europäischen Judentums sollte umgedeutet werden „zum Schicksalstag der Deutschen“. Anwesend ist als Versammlungsleiter Christian Worch, außerdem der Vorsitzenden der NPD Düren Ingo Haller. Zudem der Anführer der Kameradschaft Aachener Land (KAL) und NPDler Rene Laube, der Düsseldorfer Sven Skoda, Claus Cremer für die nordrheinwestfälische NPD und der gerade erst aus der Haft entlassene Paul Breuer. Von den lokalen Neonazis sind erschienen: Frank Streithoff, Jugendbeauftragter der NPD Düren und Mitglied der KAL, Peter Salber, Mitglied der NPD und KAL. Andere lokale Faschos schaffen es erst gar nicht, sich bis zum Bahnhof ‚durchzuschlagen’. Die Polizei verwehrt denen, die es bis zum Bahnhof geschafft haben, zwar den Aufmarsch durch die Stadt, schützt aber ihre Kundgebung am Bahnhof. Für die lächerliche Teilnehmer_innenzahl und das lange Rumstehen entschädigen sich ca. 70 Neonazis, indem sie eine Spontandemonstration durch Düren machen, bei der sie sich nebenbei und trotz einer völlig überraschten Polizei (diese musste ja noch in Aachen Antifaschist_innen schikanieren) 37 Anzeigen wegen Volksverhetzung einfangen.
Eine Woche später am Freitag den 14.11.2008 treffen gegen 23Uhr drei Jugendliche in der Stadt auf eine Gruppe von sieben Neonazis (KAL und „ANs“). Drei Nazis lösen sich aus der Gruppe und laufen den Jugendlichen hinterher, bewerfen diese dann aus einem Abstand von fünf Metern unvermittelt mit vollen Bierflaschen. Es handelte sich jedoch um extrem miese Werfer. Nachdem ihre Munition daneben ging, ergreifen auch sie die Flucht.

Der Aktionismus und das öffentliche Auftreten der Nazis führen dazu, dass sich zunehmend Widerstand bei den Aachener_innen regt. Gerade das Problem feiernder Nazis in der Pontstraße scheint auch bei den Bürger_innen angekommen zu sein. So hat sich ein Bündnis „Pontstraße gegen Rechts“ gegründet, welches den Kabarettisten Serdar Somuncu einlud. Am 05.12 findet im Labyrinth, einer Kneipe, die ebenfalls auf der Pontstraße liegt, eine Veranstaltung zu „Autonomen Nationalisten“ statt – die an die Kampagne „Faschismus ist nicht trendy!“ anknüpft.

Vielleicht ist Reitz und Worch bewusst, dass die Aachener Nazis weder inhaltlich eigene Akzente setzen können, noch sonst irgendwie besonders viel auf dem Kasten hätten. Vielleicht haben sie Mitleid. Jedenfalls haben sie sich vorgenommen, nach Aachen zurückzukehren. Reitz meldete für den 24.12.2008 erneut einen Aufmarsch in Aachen an. Beginn soll zehn Uhr am Hauptbahnhof sein – den kennt Axel schließlich schon. Motto ist diesmal: „Da habt ihr die Bescherung! Meinungs- und Demonstrationsfreiheit ist kein Geschenk, sondern unser Recht!“. Wir werden mal schauen, welches passende Geschenk wir für ‚unsere’ Nazis finden.

Aachen: Nazi-Standkundgebung

Für den gestrigen Tag, nur einen Tag vor dem 70sten Jahrestag der Reichspogromnacht meldete Axel Reitz in Aachen einen Demonstrationszug durch die Aachener Innenstadt an. Motto der Demo war – ‚passend’ zum Datum – „Gegen einseitige Vergangenheitsbewältigung – Gedenkt der deutschen Opfer“.
Ein Passant fragte sarkastisch, welche Opfer denn gemeint seinen: „die Deutschen, die sich in der Reichspogromnacht besoffen an den Scherben verletzten oder wen meinen die?!?“. Nach juristischem Hickhack (Verbot durch die Cops/Aufhebung durch das Verwaltungsgericht Aachen/dann wieder Verbot durch Münster) entschied Freitagabend das Bundesverwaltungsgericht für die Nazis.

Nachdem schon Freitagnachmittag Antifaschist_innen in der Aachener Einkaufszone beim Verteilen von Flyern gegen den Naziaufmarsch durch lokale AN’s tätlich angegriffen wurden, kam es dann im Verlauf des Abends zu weiteren Übergriffen. In der Pontstraße, der Aachener Kneipenmeile, feierten an die 40 Nazis. Während eines Konzerts im Autonomen Zentrum wurden zunächst fünf Menschen von 20-30 Faschos, darunter NPD Funktionäre aus Düren, verfolgt. Später dann lauerte eine weitere mit Holzlatten bewaffnete Gruppe Nazis AZ-Besucher_innen auf, die sich auf dem Weg nach Hause befanden. Aachen. Ein Tag vor dem Naziaufmarsch….doch es hätte auch jeder andere Tag sein können.

Der nächste Morgen. Angemeldet waren für den gestrigen Tag verschiede Gegenaktivitäten. In der gesamten Stadt waren Verkehrsbehinderungen von Seiten der Polizei angekündigt, ein Amnesty International Stand in Nähe der Synagoge war verboten worden. Aus dem ‚bürgerlichen’ Spektrum fand eine Demonstration, angemeldet durch DGB statt. Beginnen sollte diese zeitgleich mit der Nazidemonstration um 12 Uhr, jedoch weit, weit weg. 2500 Menschen beteiligten sich an dieser Demonstration, die sich den Nazis explizit nicht in den Weg stellen wollte.

Antifaschistische Gruppen mobilisierten für 10 Uhr zum Hauptbahnhof. Die von der VVN angemeldete Kundgebung am Bahnhofsvorplatz wurde Freitagabend durch die Polizei in eine menschenleere Strasse, direkt neben dem Hbf, verlegt. Und so fanden sich um die 500 Menschen um den mächtig abgesperrten Hauptbahnhof ein, teils auf der VVN Kundgebung, aber auch an anderen strategisch wichtigen (und auch weniger wichtigen) Punkten. Dann gegen 11:25 Uhr: Die ersten Faschos. Unter ihnen Worch, Reitz, Haller, lokale Faschos – unter anderem die, die schon abends in der Stadt an den Überbegriffen beteiligt waren. Es folgten `ne Menge kleinerer Kessel für die Antifaschist_innen, die aber immer wieder aufgelöst wurden. Während der ganzen Zeit bewegten sich Kleingruppen von Antifaschist_innen aber auch Nazis in der Stadt, teils weil sie keinen für sie freien Weg zum Bahnhof fanden, teils Anti-Antifas. Irgendwann dann das Gerücht: Die Nazis dürfen nicht in die Stadt. Sie müssen am Hbf bleiben. Die offizielle Begründung: Der Anmelder des Aufmarsches verweigerte jedes Kooperationsgespräch mit den Cops. Die Gegendemonstrant_innen begaben sich größtenteils in Sichtweite des Hauptbahnhofes, an dem mittags 102 Neonazis eine halbstündige Kundgebung abhielten. So wirklich Mobilisierungspotential scheinen Reitz&Co ja nicht mehr zu haben.
Unsanft wurden die NS-Bewegten schließlich in einen Zug Richtung Hamm gesetzt.
Worch kündigte unterdessen an, baldmöglichst wieder in Aachen einen Aufmarsch zu versuchen.

Wir danken allen Leuten, die sich an den Gegenaktivitäten rund um den Bahnhof beteiligten. Ganz herzlich auch den Angereisten.

Presseschau:
http://klarmann.blogsport.de/2008/11/08/gegenrechts-rund-100-neonazis-blamieren-sich-ueber-2500-demonstranten-halten-dagegen/
http://neu.az-web.de/sixcms/detail.php?template=an_detail&id=710958&_wo=Nachrichten:Topnachrichten
http://neu.az-web.de/sixcms/detail.php?template=an_detail&id=711111&_wo=Lokales:Aachen
http://www.aachener-zeitung.de/sixcms/detail.php?template=az_detail&id=710952&_wo=News:Topnews&_g=Beeindruckende-Demo-gegen-Neonazi-Aufmarsch
http://www.az-web.de/sixcms/detail.php?template=az_detail&id=711528&_wo=Lokales:Aachen
Bildgalerie:
http://neu.az-web.de/bilder/711065#/sixcms/media.php/2395/711335/rrn_demo040.jpg

Pressemitteilung des AK Antifa Aachen

„Die schönsten Nächte überall – sind die Nächte aus Kristall“

Jedes Jahr aufs Neue meldet der Neonazi und Hitlerverehrer Axel Reitz um den neunten November rum, einen Aufmarsch im Rheinland an. Seinem Motto „Gegen einseitige Vergangenheitsbewältigung“ bleibt er dabei treu. Eine der Parolen, die in den letzten Jahren immer wieder auf diesen Demonstrationen zum Jahrestag der Reichspogromnacht zu hören war lautet „Die schönsten Nächte überall – sind die Nächte aus Kristall“.
Nun nähert sich der 70ste Jahrestag der Novemberpogrome. Der Pogrome, welche mit der Verhaftung von über 25.000 Jüdinnen und Juden, von denen mindestens 3.000 in Konzentrationslager deportiert wurden, den Auftakt der Vernichtung des europäischen Judentums markieren. In Aachen will – passend zum Datum – der Holocaustleugner und Antisemit Axel Reitz gemeinsam mit der militanten NS-Szene die Shoa relativieren, die Novemberpogrome befürworten und feiern.
„Wer das nicht zulassen möchte, sollte nicht wegschauen. Wer nicht zulassen will, dass dieser Teil der deutschen Geschichte gefeiert und bejubelt wird, sollte dagegen aufstehen. Wir alle haben eine Verantwortung für das, was wir widerstandslos hinnehmen, für das, was wir an Unrecht in unserem Umfeld geschehen lassen. Wer nicht will, dass Neonazis durch unsere Stadt ziehen um die Shoa zu bejubeln, sollte sie nicht durch die Stadt ziehen lassen, denn genau das werden sie sonst tun“, so Astrit Stern, die Sprecherin des AK Antifa Aachen.

Antifaschistische Gruppen in Aachen rufen dazu auf, sich um 10 Uhr zu einer Kundgebung am Bahnhofsvorplatz einzufinden und dort zu bleiben, um so den Nazis die Anreise – sie wollen sich um 12 Uhr eben dort treffen – zu verunmöglichen.

Dass ziviler Ungehorsam nötig und möglich ist, hat uns nicht erst die erfolgreiche Blockade des Rassistenkongresses in Köln gezeigt. Auch in Herzogenrath blockierten 2002 Bürgerinnen und Bürger den Bahnhof. Die Nazis um Christian Malcoci (der übrigens den Aufruf von Reitz unterstützt) konnten seinerzeit nicht dort aussteigen. Sie versuchten nie wieder in Herzogenrath zu marschieren.
Für Aachen wäre es fatal, ließen wir die Neo-Nazis durch unsere Stadt ziehen. Die erstarkenden Strukturen der extremen Rechten, die sich nicht zuletzt an den zunehmenden Übergriffen der Kameradschaft Aachener Land (KAL) und der AG Rheinland in der Aachener Innenstadt, insbesondere in der Pontstrasse, erkennen lassen, würden durch solch ein Ereignis zweifellos Rückenwind erhalten.
Wenn Nazis es seit über 20Jahren erstmals wieder schaffen durch Aachen zu marschieren, dürfte dies nicht der letzte Aufmarsch gewesen sein. So hat der Kader Christian Worch, Organisator des Aufmarsches bei dem letztes Jahr 800 militante Neonazis durch Stolberg zogen, bereits angekündigt ebenfalls in Aachen demonstrieren zu wollen. Die Reitz-Demo dürfe daher für die Neonazis einen Testcharakter für die gesamte Region besitzen. Und gerade auch in Hinblick auf Stolberg ist der Aufmarsch der extremen Rechten oder seine Verhinderung wegweisend.

Der AK Antifa Aachen ruft deshalb dazu auf, am 08.11.2008 sich um 10 Uhr am Aachener Hauptbahnhof einzufinden und solange zu bleiben, bis die Anreise der Nazis gescheitert ist.