Archiv der Kategorie: News

Wieder Nazi-Party in Hückelhoven – Baal

In der Nacht vom 21. auf den 22. Oktober 2017 fand im „Bürgerhaus Baal“ eine von Neonazis organisierte „Ballermann Party“ statt. Veranstaltet wurde die, ursprünglich für Aachen angekündigte, Party von der Partei „Die Rechte Aachen/Heinsberg“ und deren Projektgruppe „Syndikat 52“. Diese sind Nachfolgeorganisationen der 2012 verbotenen „Kameradschaft Aachener Land“.
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Neonazi-Aufmarsch in Enschede (NL) sabotieren!

gefunden auf: de.indymedia.org

Am Sonntag den 17. September 2017 wollen die deutschen Neo-Nazi-Hooligans von HoGeSa zusammen mit einigen niederländischen Rassist*innen von Pegida wieder versuchen in Enschede zu demonstrieren. Bei einem früheren Versuch im letzten Juni wurden alle Demonstrationen verboten und die deutschen Neo-Nazis reisten nicht nach Enschede.
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Filmreihe zum NSU-Komlex im Infoladen Aachen

gefunden auf: diskursivaachen.org

Wir laden euch herzlich zu unserer Film -Reihe im Infoladen ein :

Anlässlich des kommenden Tag X , an dem der NSU- Prozess abgeschlossen wird, möchten wir nicht nur den Opfern dessen gedenken, sondern auch die Aktualität des Themas in Erinnerung rufen.

Dazu werden wir an den Sonntagen : 10.09 , 24.09, 08.10 und 22.10. Filme zum NSU und seinen Hintergründen zeigen.
Im Anschluss wird Zeit für Diskussionen sein.

• Einlass: 19:00 Beginn : 19:30

• Infoladen Aachen, Bismarckstraße 37, 52066 AC

Rassisten am 19.09.2017 in Düren entgegentreten

gefunden auf: antifadueren.blogsport.de

Auf zum Protest gegen die „AfD“ . Der Treffpunkt ist am Dienstag, den 19.09.2017 ab 17.00 vor dem Schloß Burgau in Düren.

Die „AfD“ kündigt für diesen Tag eine weitere Zusammenrottung in Düren an. Eingeladen ist Alice Elisabeth Weidel. Sie ist zusammen mit Alexander Gauland Spitzenkandidatin der AfD für die Bundestagswahl.
Alice Weigel stellt sich jüngst hinter die rassistischen Äußerungen von Alexander Gauland.

Er sagte bei einer Wahlkampfveranstaltung in Eichsfeld, er wolle die Vize-Vorsitzende der SPD, Aydan Özoguz, „in Anatolien entsorgen“.

SPD-Politiker Johannes Kahrs schrieb daraufhin bei Twitter: „Dieser Gauland ist ein mieser, dreckiger Hetzer. (Dies gilt allerdings nicht nur auf Gauland bezogen.) Solche Arschlöcher braucht niemand.“

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ gab Gaulands Attacke auf die Deutsch-Türkin im Wortlaut wie folgt wieder: „Ladet sie mal ins Eichsfeld ein und sagt ihr dann, was spezifisch deutsche Kultur ist. Danach kommt sie hier nie wieder her und wir werden sie dann auch, Gott sei dank, in Anatolien entsorgen können.“

Dies zeigt wieder einmal:

Die AfD ist keine politische Alternative. Sie vergiftet mit menschenverachtender, rassistischer Hetze und populistischen bis faschistischen Parolen die Gesellschaft.
Daher ist es notwendig sich, dort, wo immer die Rassisten auftreten, sich ihnen entgegenzustellen.

Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda
Faschismus ist keine Meinung sondern ein verbrechen

Solidarität, Widerstand und Repression – Zu den Hintergründen eines rassistischen Polizeimordes und einer wilden Demonstration in Aachen

erschienen auf: antirepac.noblogs.org
Aufstände in Schilderswijk

Was ist passiert?

In Aachen fanden sich am 30.06.2015 mehrere Antifaschist_innen zu einer spontanen Demonstration gegen Rassismus und Polizeigewalt zusammen, nachdem im niederländischen Den Haag eine Person durch Misshandlungen der dortigen Polizei getötet worden war. Nach der Demonstration durch die Innenstadt versammelten sich die Aktivist_innen am Aachener Markt, verteilten Flyer und befestigten ein Transparent. Nur wenige Minuten später erschien eine Streifenwagen-Besetzung, sowie zwei Zivilpolizisten, die für eine Eskalation der bis dahin friedlichen Situation sorgten. Sie versuchten, unter massivem Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken, Aktivist_innen festzuhalten. Bei dem Angriff kam es zu zahlreichen Verletzung auf Seiten der Demonstrierenden, die Zivilpolizisten wurden durch das Pfefferspray ihrer Kolleg_innen verletzt. Anschließend wurden willkürlich zehn Personen in Gewahrsam genommen.

Hintergrund der Demonstration…

… war der Tod des Arubaners Mitch Henriquez in Den Haag am 28.06.2015. Er verstarb, nachdem er am 27.06.2015 bei einem Festivalbesuch von Polizisten festgehalten und bei der Festnahme schwerst misshandelt wurde. Auslöser der Festnahme war nach Polizei- und Zeugenaussagen ein scherzhaftes Gespräch, in dem er sagte, er würde eine Waffe bei sich tragen und sich dabei an die Genitalien fasste.
In veröffentlichten Videos von diesem Vorfall wird deutlich, dass die Polizei bei der Festnahme unverhältnismäßig Gewalt anwendete, aufgrund dessen er anschließend im Krankenhaus verstarb. Dort wurde der Tod durch Sauerstoffmangel festgestellt, sowie schwere Blutungen im Kopfbereich, an den Genitalien und ein Kehlkopfbruch dokumentiert.
In den Videos ist deutlich zu sehen, wie der am Boden und mit Handschellen fixierte Arubaner von mehreren Polizisten brutal misshandelt wird und diese den sogenannten „Nekklem“ (niederl.), einen speziellen Würgegriff, bei dem die Halsschlagader abgeklemmt wird, anwenden. Dieser ist hochgradig gefährlich und führt schon nach wenigen Sekunden zu Bewusstlosigkeit, es ist davon auszugehen, dass dieser Griff bereits mehrere Personen das Leben kostete. (Ein weiteres Beispiel: Maastricht 2016, Mazedonier stirbt nach Festnahme in Einkaufszentrum, Zeug_innen berichten von geschwollenem und blau angelaufenen Kopf inkl. Anwendung von „Nekklem“, Polizei bestreitet dessen Verwendung und vernichtete Videobeweise von Zeugen)
Im Verlauf dieses Vorgangs wird Mitch Henriquez bewusstlos und liegt anschließend bewegungslos am Boden. Anstelle eines Rettungswagens fährt nach kurzer Zeit ein Polizeibus vor, in den der zu dem Zeitpunkt immer noch bewusstlose Arubaner geschleift wird. Insgesamt sieht man ca. acht Polizist_innen in den Aufnahmen, von denen drei bis fünf aktiv an dem Mord beteiligt waren und die restlichen den Eingriff umstehender Personen verhindern.
Nach Polizeiangaben soll sich Mitch Henriquez Aufforderungen der Polizei widersetzt und starken Widerstand bei der Festnahme geleistet haben, was wiederum die angewendete Gewalt gerechtfertigt haben soll. Die Vorwürfe lauten Widerstand gegen die Staatsgewalt, Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Trunkenheit. Zu Anfang wurde außerdem behauptet, ihm wäre erst im Polizeibus, auf dem Weg zur Wache, „unwohl“ geworden, woraufhin sofort mit dem Transport zum Krankenhaus reagiert worden wäre. Diese Aussagen wurden nach der Veröffentlichung der Videos, dem widersprechenden Zeug_innenaussagen und unter erheblichem öffentlichen Druck revidiert.
Juristische Konsequenzen folgten nur für zwei der Polizisten, die wegen schwerer Misshandlung mit Todesfolge angeklagt wurden, das Urteil ist bis heute nicht gesprochen. Gegen drei weitere Polizisten wurden Disziplinarverfahren eingeleitet.
Durch unterlassene Hilfeleistung, dem Verwehren medizinischer Versorgung, Falschaussage, Verschleierungsversuchen und natürlich brutalster Gewaltanwendung bezichtigen wir alle Beteiligten der Mitschuld.
In Den Haag folgten auf Mitch Henriquez Tod zahlreiche Proteste wütender und trauernder Menschen, die sich gegen Polizeigewalt, insbesondere rassistische Polizeipraxis richteten und Gerechtigkeit für den Ermordeten forderten. Es wurde versucht, diese Proteste mithilfe von Wasserwerfern, Hunde-und Pferdestaffeln, sowie einem großen Polizeiaufgebot zu unterdrücken. Vor allem im migrantisch geprägten Stadtteil Schilderswijk kam es zu schweren Unruhen. Dort sind rassistische Vorgehensweisen, wie „verdachtunabhängige“ Personenkontrollen und verstärkte Repression, z.B. durch den „demonstration ban“ (niederl.), Normalität. Dies führte zu einer permanent angespannten Atmosphäre, die sich nun auf den Straßen Den Haags entlud. Aktivist_innen, die die Wut über diesen Mord nach den Aufständen weiterhin an die Allgemeinheit tragen wollten und nach einem Weg aus der Ohnmacht gegen die rassistischen Verhältnisse suchten, sahen sich mit zahlreichen Geldstrafen und Festnahmen, haltlosen Vorwürfen, Prozessen, Aufenthalts- und Demonstrationsverboten konfrontiert. (1)

Rassistische Polizeipraxis

Rassistische Polizeipraxis ist keineswegs nur ein niederländisches Phänomen. Den Begriff „racial profiling“ haben spätestens nach der letzten Silvesternacht in Köln sicher schon viele mal gehört. Aber was bedeutet er eigentlich genau? Warum ist diese Praxis menschenverachtend und rassistisch? Was können wir dagegen tun? Und wo ist der Zusammenhang zwischen rassistischen Kontrollen und Menschen, die von der Polizei ermordet werden? Auf diese Fragen möchten wir eingehen, bevor wir uns Polizeigewalt und Repression im allgemeineren Sinne zuwenden. (2)

„Racial Profiling“

„Racial profiling“ bezeichnet die öffentliche und offensichtliche Kontrolle von Menschen nach rassistischen Kriterien, nämlich nach (unterstellter) Herkunft, Aussehen, Sprache. Es geht also nicht um konkrete und begründete Verdachtsmomente gegen bestimmte Personen, sondern um Kontrollen, die allein mit der vermeintlichen Gruppenzugehörigkeit eines Menschen zu tun hat. In Deutschland wird dieses Verfahren – vor allem von Seiten der Polizei, aber auch der Politik – oft verteidigt, während es in anderen Ländern wie England oder den USA bereits verboten ist. Zu erwähnen ist aber, dass die Anwendung von „racial profiling“ von Seiten der Bundesregierung offiziell geleugnet wird.
Unter anderem am Beispiel Silvester in Köln wird deutlich, wie perfide die Verteidigungsstrategien sind. Selbsternannte „Feministen“ (ironischerweise meist weiße Männer) weisen darauf hin, dass dank den ausgeweiteten Kontrollen der Kölner Polizei massenhafte sexualisierte Übergriffe verhindert worden seien. Menschen, die sonst gegen den „Gender-Wahnsinn“ wettern und sicher niemals ein Wort über den Sexismus an deutschen „Traditionsfesten“ wie dem Oktoberfest oder Karneval verlieren würden, sind auf einmal Feuer und Flamme, wenn es darum geht, feministische Positionen für rassistische Argumentationen zu missbrauchen. Aus unserer Sicht ist das kein Feminismus! Wir wenden uns gegen jede Art sexualisierter Gewalt – und zwar nicht nur gegen deutsche Frauen!
Allerdings darf der Kampf gegen eine Diskriminierungsform nicht eine andere legitimieren. Daher bestehen wir darauf, die Praxis der Kölner Polizei in der Silvesternacht 2016/17 als das zu benennen, was sie war: rassistisch. Menschen wurden allein aufgrund äußere Kriterien stundenlang festgehalten und als „Nafris“ („Nordafrikanische Intensivtäter“) betitelt – ein Begriff, der nicht nur Menschen aufgrund ihres Aussehens einer Staatsangehörigkeit zuordnet (was aus heutiger Sicht sowieso längst als Unsinn betrachtet werden sollte), sondern ihnen völlig grundlos auch noch eine kriminelle Vergangenheit unterstellt.

Institutionalisierter Rassismus?

Doch Köln ist nur ein bekanntes Beispiel. Rassistische Polizeipraxis ist ganz normaler Alltag in Deutschland – wer’s nicht glaubt, kann ja mal einen Tag am Bahnhof beobachten, wen die Bundespolizei da so kontrolliert. Leider ist dies nicht nur dem individuellen Rassismus der Beamt_innen zuzuschreiben, die Kontrollen jeder Person aufgrund ihres Aussehens sind auch noch nach § 22 Abs. 1a BpolG rechtlich gedeckt und damit institutionalisiert. Der Paragraph besagt, dass innerhalb des Bahngeländes zur Verhinderung unerlaubter Einreise jede Person angehalten, befragt und kontrolliert werden darf. Dies geschieht nach Ermessen der Beamt_innen und kann ohne konkreten Verdachtsmoment geschehen. Aus Sicht vieler Kritiker_innen ist dieses Gesetz menschenrechtswidrig und verstößt gegen die im Grundgesetz verankerten Rechte auf Gleichheit und Schutz vor Diskriminierung (Art. 3 GG). (3) Die Polizei verteidigt ihr Vorgehen mit ihren angeblichen Erfahrungen, was verdächtige Personen angeht. Der Verdacht einer „self-fulfilling prophecy“ drängt sich hier auf: Der Kontrollfokus der Polizei liegt auf Personengruppen, denen aufgrund nicht-weißer Hautfarbe bestimmte Staatsangehörigkeiten zugeordnet werden, diese werden durch verstärkte Kontrollen immer weiter kriminalisiert und Straftaten bezichtigt. Proportional dazu erhöht sich auch die Zahl der dokumentieren Straftaten von eben dieser Personengruppe/Staatsangehörigkeit. Die rassistische Polizeipraxis wird somit durch vermeintlichen Erfolg immer wieder „begründet“ und reproduziert und beeinflusst extrem die gesellschaftliche Wahrnehmung von Kriminalität, mit dem vermeintlichen Zusammenhang zur Herkunft der Menschen. Natürlich werde ich, wenn ich mehr brillentragende als andere Menschen kontrolliere, auch mehr kriminelle brillentragende Menschen finden, die dann in meiner Statistik auftauchen. Damit kann ich in der Folge auch weiterhin verstärkte Kontrollen von Brillenträger_innen legitimieren. An der Diskriminierung bestimmter Personengruppen ändert das aber nix.

Abgesehen davon ist Rassismus bei der Polizei, wie auch in weiten Teilen der deutschen Gesellschaft, immer noch tief verankert. Dass dieser wenig bis gar nicht reflektiert wird, kann gerade auch bei Polizist_innen, die mit einer erweiterten Machtbefugnis ausgestattet sind, hässliche Folgen haben. Es hört nicht bei rassistischen Kontrollen auf, immer wieder werden auch in Deutschland Menschen aufgrund ihres Aussehens durch die Polizei misshandelt oder gar ermordet. Die bekanntesten Fälle von Polizist_innen ermordeten Menschen in Deutschland sind Oury Jalloh, der unter immer noch ungeklärten Umständen in einer Zelle verbrannte und Laya – Alamaé Condé, der nach der Verabreichung von Brechmittel durch den Arzt Igor V. und mehreren Polizist_innen im Beisein eines Notarztes verstarb. Neben diesen in der Öffentlichkeit beleuchteten Mordfällen gibt es eine große Dunkelziffer.

Also…

Polizei, Regierung und Medien sprechen im Nachhinein oft von Einzelfällen und individuellem Versagen oder die Vorwürfe werden schlicht geleugnet. Mit diesem Textabschnitt wollten wir zeigen, dass es sich eben nicht um vereinzelte Ausnahmen handelt, sondern der Rassismus bei der Polizei struktureller und institutionalisierter Natur ist. (4) Gerade deshalb ist es unglaublich wichtig, diese Problematik immer wieder zu thematisieren und sich dagegen zu wehren. Das kann wie in Den Haag und Aachen in Form von (spontanen) Demonstrationen und Kundgebungen geschehen, aber auch durch öffentliche Solidarisierung mit den Betroffenen konkreter Diskriminierung oder unabhängiger Beobachtung von Polizeiarbeit.

Repression, Medien und Polizeigewalt

Im Folgenden möchten wir auf die fortwährende Aushöhlung des Versammlungsrechts in Deutschland, sowie dessen Nutzung zur Einschränkung von politischem Protest/Antagonismus eingehen. Und in diesem Zuge, auch an dem Beispiel der Spontandemonstration am Aachener Markt, die gewaltsame Polizeipraxis und deren strukturelle Verankerung beleuchten.

Polizeistaat?

In Deutschland wird das, von der Verfassung geschützte, Recht auf freie Meinungsäußerung vor allem bei Demonstrationen immer weiter ausgehöhlt. Dies wird jeder Mensch, der herrschafts- oder systemkritische Forderungen vertritt, schon festgestellt haben. Es beginnt schon mit der Anmeldung einer Demonstration bei der Polizei. Dies muss in Deutschland unter Angaben der Personalien eines „Leiters“ der Versammlung geschehen, soweit das Zustandekommen dieser Veranstaltung länger als 48 Stunden vorher abzusehen ist. Des Weiteren darf die Polizei, sobald von der Versammlung eine „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ (5) zu erwarten ist, Auflagen zur Versammlungsdurchführung erlassen. Das Erlassen von solchen Auflagen ist bei Demonstrationen, die sich kritisch gegen die herrschenden Verhältnisse stellen (Proteste gegen: Castor Transporte, Braunkohleverstromung, Durchführung von Neonazi-Veranstaltungen oder wie in diesem Fall strukturellen Rassismus bei Polizei und Justiz), anscheinend nicht in einer realen Bedrohung der öffentlichen Sicherheit begründet, sondern in der ideologischen Ausrichtung der Veranstaltung. Hierbei sind die Auflagen der Polizei nicht als „Maßnahmen zum Schutz Dritter“, wie im Versammlungsrecht beschrieben zu verstehen, sondern als Versuch, derartige Demonstrationen in ihrer Durchführung und Wirkung so weit wie möglich zu behindern. Dies wird deutlich, wenn Versammlungsleiter_innen auf einmal mit Auflagen wie z.B. einer Maximalgröße für mitgeführte Transparente, einer von den „Ordnungs“behörden nach Personenzahl festgelegte Reihenstärke, einem Mindestabstand von bis zu 2 Metern zwischen den einzelnen Reihen oder Vorschriften bezüglich Schuhwerk und Kleidungsstil konfrontiert sind. Dass Maßnahmen der Polizei keinesfalls eine neutrale Durchsetzung geltenden Rechts oder Schutzmaßnahmen für die Öffentlichkeit, sondern gezielte Einschüchterung von politisch Aktiven und Einschränkung bestimmter Meinungsäußerungen sind, wird auch bei den oben beschriebenen Vorfällen in Den Haag deutlich. (6)

Doch sind es nicht nur absurde Auflagen und andere bürokratische Hürden, welche genutzt werden, um Menschen in ihrem Versammlungsrecht einzuschränken. Im Nachhinein werden häufig rechtliche Schritte gegen die Person eingeleitet, welche die Demo angemeldet hat, den sogenannten „Versammlungsleiter“.

Bei diesen Prozessen wird versucht die Anmelder_innen für das Handeln der Demoteilnehmenden haftbar zu machen. Dies ist auch in Aachen bei Polizei und Justiz gängige Praxis, wo nach vielen Demonstrationen mit antifaschistischem oder linksradikalem Kontext Strafprozesse gegen die Versammlungsleiter_innen angestrebt werden. Um dies zu verdeutlichen: Anfang 2017 lief ein Prozess gegen den jungen Anmelder einer antifaschistischen Demonstration zum „Tag der Befreiung vom Faschismus“ am 08.05.2015. (7) Obwohl die Demonstration ohne „Komplikationen“ verlief, stellte die Staatsanwaltschaft im Nachgang Anzeige wegen nicht eingehaltener Auflagen. In der Vergangenheit wurde auch probiert, den Anmelder von Demonstrationen, in deren Verlauf es zu Ausschreitungen gegen die Polizei kam, für das Vorgehen der Demo-Teilnehmenden verantwortlich zu machen. So geschehen Im Nachgang einer antifaschistischen Demonstration Anfang 2012 in Aachen. (8) Letztlich war dieser Vorwurf, zumindest in diesem Fall, nicht zu halten. Somit wird wieder das Durchführen und vor allem Anmelden von Demonstrationen erschwert und mit Repressalien bedacht. Dies sind nur einige Gründe, Demonstrationen nicht anzumelden, wie am 30.06.15 in Aachen.

Menschen, die sich aufgrund ihres gesellschaftlichen Engagements oder Kampfes gegen Ungerechtigkeiten/Unterdrückung auf politischen Veranstaltungen und Demonstrationen bewegen, sehen sich auch weitergehend mit einer strukturellen Kriminalisierung solchen Protests konfrontiert.
Demonstrationszüge werden von vornherein von behelmten und gepanzerten Polizist_innen umgeben, dies ist in den meisten Fällen reine Provokation und normalisiert Gewaltanwendung seitens der „Ordnungs“-kräfte. Außerdem werden somit die Außenwirkung, die Anschlussfähigkeit und die Bewegungsfreiheit der Teilnehmenden massiv eingeschränkt.

Auch werden viele Demonstrationen von Anfang an systematisch von der Polizei abgefilmt, was laut Versammlungsrecht, wiedermal, nur erlaubt ist, wenn von der Versammlung „erhebliche Gefährdung von öffentlicher Sicherheit und Ordnung“ ausgeht. (9) Damit werden ganze Demonstrationen anhaltlos unter Generalverdacht gestellt. So geschehen bei fast allen antifaschistischen Mobilisierungen gegen Naziaufmärsche und andere rechte Umtriebe in den letzten Jahren.

Einen weiteren erheblichen Angriff auf die Versammlungsfreiheit stellt die, im Juli 2017 in Kraft tretende, Verschärfung des §113 STGB ( Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ) dar. Demnach werden einfache Widerstandshandlungen wie z.B. Rempeln oder sich gegen ein Wegtragen o.Ä. zu sperren mit einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten bestraft. (10)

Nicht nur Demonstrationszüge, auch der öffentliche Raum wird zunehmend überwacht, Polizei und andere „Ordnungs“kräfte werden mit immer weitreichenderen Befugnissen ausgestattet und deren Präsenz in der Öffentlichkeit erhöht. Kontrollen und Angaben von persönlichen Daten beim Betreten von Flughäfen, Bahnhöfen, öffentlichen Gebäuden oder sogenannten – von der Polizei definierten und nicht öffentlich genannten – „Gefahrengebieten“ gehören mittlerweile zur Normalität. Es wird nicht mehr diskutiert, ob diese Maßnahmen sinnvoll und zielführend sind oder in irgendeiner Weise mit der in Deutschland herrschenden Unschuldsvermutung vereinbar sind, sondern nur, wie sie am effektivsten und günstigsten durchgeführt werden können. Einen weiteren Eklat stellt die Novellierung des BKA-Gesetztes Anfang 2017 dar. Nach dieser können sogenannte „Gefährder“ zum Tragen einer elektronischen Fußfessel gezwungen werden. Beim „Gefährder“ handelt es sich um einen polizeilichen Begriff, der rechtlich nicht definiert ist, er wird im Allgemeinen gebraucht für Menschen, bei denen das Durchführen eines Attentats wahrscheinlich ist. Das heißt in Zukunft können Menschen, deren Weltbild nicht dem der Regierenden entspricht, präventiv unter Totalüberwachung gestellt werden. Und dies ohne konkreten Tatverdacht allein aufgrund der Gesinnung oder von den Ermittlungsbehörden fingierten Anhaltspunkten. (11) Kritische Stimmen bezüglich der genannten und weiteren Maßnahmen werden immer weniger oder bleiben gar ganz aus. Dies ist mit Sicherheit auch einer Verweigerungshaltung der etablierten Medien zu verdanken, weiter Panik zu schüren und Alternativlosigkeit zu konstatieren anstatt unabhängige Stimmen wiederzugeben. So lässt sich eine deutliche Diskursverschiebung beobachten. Parteien wie z.B. „Die Grünen“, welche sich in der Vergangenheit oft für den Erhalt des Datenschutzes und gegen einen „gläsernen Bürger“ aussprachen, fordern nun in ihren Wahlprogrammen mehr Videoüberwachung und eine Stärkung von Polizei und Justiz, immer begründet mit dem Erhalt unserer „Demokratie und Freiheit“. (12) Zwar wird betont, dass man keinen Überwachungsstaat wolle, aber Alternativen zum Ausbau der Repressions- und Überwachungsorgane werden kaum einmal diskutiert. Statt nur auf größtmögliche Repression zu setzen, könnten beispielsweise die Bekämpfung von Armut und sozialer Ungleichheit als präventive Maßnahmen gegen Kriminalität in den Fokus genommen werden. Auch könnte die bewusste Auseinandersetzung mit rassistischer Ausgrenzung die Entstehung von Communities, in denen islamistische und faschistische Ideologien Nahrung finden, verhindern.

Vernachlässigt wird bei den ständigen Rufen nach Stärkungen von Polizei, Justiz und anderen Ermittlungsbehörden auch die Kritik an den erheblichen Problemen dieser Institutionen. Beispiele hierfür sind u.a. der oben thematisierte strukturelle Rassismus, NS-Kontinuitäten z.B. beim Verfassungsschutz, Finanzierung, sowie Deckung verdeckter Mitarbeiter_innen in der Neonaziszene, das Verschwinden wichtiger Akten zur Aufklärung der NSU Morde, sowie der Unwille des Gerichtes in München, diese Vorfälle als Teil des Verfahrens in die Ermittlungen miteinzubeziehen. (13)


Polizeigewalt

Eine weitere von den etablierten Medien kaum aufgegriffene Problematik ist Polizeigewalt und deren mangelnde juristische Verfolgung. Diese reiht sich wunderbar ein in die bereits genannte Palette an Repressionen.

Viele, die Polizeigewalt erlebt haben, werden die Reaktion ihres Umfelds kennen. Die erzählten Geschichten über Misshandlungen, Beleidigung, systematische Absprachen zur Deckung von Kolleg_innen wirken absurd und haltlos übertrieben. Und oft wird hierauf nicht mit Bestürzung oder Solidarität reagiert, sondern die eigene Darstellung angezweifelt und betont, dass so etwas in unserem „Rechtsstaat“ nicht möglich sei und man juristisch dagegen vorgehen könne. Dies ist u.a. begründet in der öffentlichen Berichterstattung über Polizeieinsätze und deren Gegner_innen. Zunächst möchten wir ein paar Worte über die gewaltsame – und keinesfalls außergewöhnliche – Vorgehensweise der Polizei auf Demonstrationen o.ä. verlieren, um dann noch einmal auf die Rolle der Medien bei der öffentlichen Wahrnehmung der Polizei einzugehen.

Die Polizei geht bei Protesten, z.B. gegen Naziaufmärsche oder Privatisierung öffentlichen Raumes (Gentrification), oft gewaltsam und unverhältnismäßig gegen Protestierende vor – so geschehen beispielsweise bei den Protesten gegen die EU Krisenpolitik bei Blockupy in Frankfurt 2013/14, bei der Besetzung des Stuttgarter Schlossparks gegen den Bau von „Stuttgart 21“ 2010 oder bei Sitzblockaden gegen Naziaufmärsche z.B. in Dresden 2011. Dies sind drei bekannte Fälle, bei denen Polizeigewalt zumindest im Nachhinein in die öffentliche Debatte mit eingeflossen ist, aber bei weitem nicht die einzigen. Gewaltsames Vorgehen mit Schlagstöcken, Fäusten oder Pfefferspray gegen Sitzblockaden gehört quasi zum guten Ton bei Anti-Nazi-Protesten. Demonstrierende werden auch häufig in einen „Polizeikessel“ verbracht, welcher rechtlich mit einem „Sicherheitsgewahrsam“ gleichzusetzen ist. Hierbei sollen meist präventiv Straftaten verhindert werden. Faktisch werden alle Teilnehmenden behördlicher Verfolgung ausgesetzt und kriminalisiert. Sie werden meist über Stunden festgesetzt und oft wird auch der Zugang zu Wasser, Nahrung, Sanitäranlagen verwehrt. Auch ist es keine Seltenheit, dass nach dem Einsatz von Gewalt seitens der Polizei Festgenommenen oder Verletzten der Zugang zu medizinischer Versorgung verweigert oder erschwert wird, um zum Beispiel die Zahl der Verletzten nach einem solchen Einsatz zu drücken.

Medien

Es gibt wenig Berichte in etablierten Medien über Polizeigewalt, vor allem auf lokaler Ebene werden die Pressemitteilungen der Polizei meist im Wortlaut übernommen. (14)
In den seltensten Fällen wird noch journalistische Arbeit geleistet und mehrere Versionen des Geschehenen eingeholt oder eigene Beobachter_innen geschickt. Damit ist die Faktenlage in der öffentlichen Wahrnehmung sehr einseitig besetzt und Artikel, Interviews und Stellungnahmen von und in kleineren unabhängigen Medien werden kaum konsultiert. Beispielsweise erdreistete sich der Aachener Polizeipräsident, Dirk Weinspach, Ende letzten Jahres, nach einer Bahnblockade im Hambacher Forst, die Anschuldigungen gegen Polizeibeamt_innen wegen Folter und Misshandlung vor und im Polizeigewahrsam, vor deren Veröffentlichung (!), als taktische Übertreibung abzukanzeln. Dies wurde von der Aachener Lokalpresse kommentarlos veröffentlicht. (15)

Von der Rolle der Presse nun zur Öffentlichkeitsarbeit der Sicherheitsbehörden selber.
Um ihre Machtposition weiter auszubauen, drastischere Einsätze und Überwachung zu rechtfertigen und Datenbanken auszuweiten muss dies auch von der Öffentlichkeit akzeptiert werden. Also wird in der eigenen Berichterstattung ein Szenario der immer wachsenden Bedrohung geschaffen.

Statistisch gesehen hat die Zahl der Terroranschläge über die letzten Jahrzehnte in Deutschland immer weiter abgenommen. (16) Da ein islamistischer Terroranschlag aber ziemlich wahrscheinlich ist, wird behauptet, dass die Terrorgefahr so groß sei wie noch nie, um so Videoüberwachung, ständige rassistische Kontrollen oder eine Dauerpräsenz von mit Maschinenpistolen bewaffneten Polizist_innen zu rechtfertigen. Diese Maßnahmen werden bestimmt nicht wieder zurückgefahren, sondern normalisieren sich allmählich. Dies ist auch an dem immer weiter verlängerten „Ausnahme“zustand in Frankreich zu sehen. Auch beliebt zur Rechtfertigung der Aufstockung des Etats oder der Aufrüstung von Beamt_innen ist zu behaupten, die Angriffe auf die Polizei würden hemmungsloser und vor allem immer mehr. Dieses Argument entpuppt sich bei genauerem Hinschauen als reine Zahlendreherei. Wieder einmal wird einer feindseligen Stimmung gegenüber der Polizei mit noch mehr Repression begegnet, anstatt diese z.B. auf strukturelle Probleme bei der Polizei und deren Wirkung auf die Menschen zurückzuführen. (17)

Absurd wird es auch bei der Darstellung von politisch motivierter Kriminalität. Um die oben genannten Praxen von Justiz und Polizei gegen meist im linken Spektrum verortete Kritiker_innen, Bewegungen und Proteste zu rechtfertigen, wird oftmals die steigende Anzahl von Straftaten aus diesem Kontext erwähnt. Dabei handelt es sich, wie vorher im Text aufgezeigt, vor allem um Verstöße gegen das Versammlungsrecht o.ä. und Sachbeschädigungen. Die strafrechtliche Verfolgung von rechtsmotivierter Kriminalität wird nicht einmal annähernd so fanatisch betrieben. Vielmehr wird hier die Häufung von Brandanschlägen auf bewohnte und unbewohnte Geflüchtetenunterkünfte und Gewalttaten gegen Migrant_innen und politische Gegner_innen heruntergespielt oder sich um die dahinterstehenden Sorgen der Bürger_innen bemüht. Der Terrorbegriff wird hierbei konsequent gemieden.
Das Zusammenspiel dieser PR-Strategie und der Presse führen zu einer völligen Verschiebung des öffentlichen Diskurses hin zu reaktionären Positionen und einer scheinbaren Alternativlosigkeit dieser faschistisch anmutenden Methoden.

… und die Justiz

Wie es aussieht, wenn versucht wird, sich mit den uns vom Staat zugestandenen Mitteln gegen diese Repressionen zu wehren, wird bei der Betrachtung der Statistiken zu Verurteilung von Polizist_innen bei Straftaten im Dienst klar. (18) In unserem „Rechtsstaat“ ist es quasi unmöglich, Polizeigewalt und Repression auf einer juristischen Ebene zu begegnen. In nur 33 von 2138 im Jahr 2014 angezeigten Fällen (s. Klammer unten) nahm die Staatsanwaltschaft überhaupt Ermittlungen gegen Polizist_innen auf. Auf der anderen Seite wird auf eine Anzeige gegen die Polizei standardmäßig mit einer Gegenanzeige reagiert und ein Ermittlungsverfahren wegen „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ (oft in Kombination mit weiteren Vorwürfen) angestrebt, welches in fast allen Fällen auch eingeleitet wird.

Hinzu kommt die Bewertung der Zeug_innenaussagen von Polizist_innen als „reine Wahrheit“ in Gerichtsprozessen, trotz offensichtlicher Absprachen unter Beamt_innen oder widersprüchlichen/unzureichenden Aussagen. Auch verschwindet oftmals belastendes Videomaterial und/oder Kolleg_innen werden systematisch gedeckt. Eine interne, eigenständige Verfolgung von Polizeigewalt existiert de facto nicht und Betroffene müssen eigene Ermittlungen, meist gegen einen im Ganzen gegen sie arbeitenden Justizapparat anstrengen. Dieses Muster lässt sich auch in dem aktuellen Verfahren oder den Prozessen im Nachgang der Proteste gegen eine Pegida-Veranstaltung in Aachen bzw. gegen Naziaktivitäten in Köln und Remagen 2015 beobachten. (19)

Polizeigewalt wird so in der Öffentlichkeit kaum noch als diese benannt oder wahrgenommen und eine Behandlung des Themas im öffentlichen Diskurs unmöglich. Dabei bedarf es dringend einer öffentlich wahrnehmbaren Diskussion z.B. über den Einsatz von Pfefferspray als Allheilmittel gegen unliebsame Demonstrant_innen, riesigen schwer gepanzerten Fahrzeugen wie Wasserwerfern oder Räumpanzern (Folgen hiervon werden z.B. bei der Debatte um die Protesten im Stuttgarter Schlosspark 2013 deutlich) im Einsatz gegenüber Fußgänger_innen, Wanderkesseln, quasi eins zu eins Betreuung der Polizei bei Demonstrationen und regelmäßiges Behindern von medizinischer Betreuung der durch die Polizei Verletzten.

Auch Internationale NGOs, wie Amnesty International, kritisieren Gewalt bei Einsätzen der deutschen Polizei, sowie Möglichkeiten zur juristischen Verfolgung dieser. In einer 2012 ausgelaufenen Kampagne (20) stellte Amnesty Forderungen an die deutsche Polizei wie z.B. eine Kennzeichnungspflicht für Beamt_innen, ein Verbot von Pfefferspray, unabhängige Ermittlungsbehörden, Videoaufnahmen in Polizeigewahrsam und bessere Schulung der Einsatzkräfte in Grund- und Menschenrechten. Auch kritisiert wird die gezielte Einschränkung der Pressearbeit bei Polizeieinsätzen z.B. wenn Journalist_innen nicht zum Ort des Geschehens vorgelassen werden, bei der Dokumentation von Polizeigewalt behindert oder sogar verhaftet werden. Dies stellt die andere Seite der Pressearbeit der Polizei dar, die so eine unabhängige Berichterstattung verhindert.

Keine Kooperation, kein Vertrauen, kein Respekt!

Diese Beschreibung von Polizeipraxen beruht vor allem auf persönlichen Erfahrungen, da wegen der fehlenden öffentlichen Behandlung des Themas und dem mangelnden Aufklärungswillen seitens der Behörden wenig offizielle Berichte dazu existieren. Deswegen wirken die Anschuldigungen auf Menschen mit wenig Bezug zum Thema vielleicht etwas haltlos oder überzogen. Für uns hingegen fühlt es sich eher an wie ein weiterer Ruf nach Rechtsstaatlichkeit, während unser Vertrauen in die ordnende, legitimierte Macht von wenigen „Delegierten“ und Expert_innen schon lange erschöpft ist, da eine tiefergehende, radikalere Auseinandersetzung mit den Strukturen der Unterdrückung in unserer Gesellschaft sowieso nicht gewünscht ist und unterbunden wird. Diese würde nämlich auch einen kritischen Umgang mit den Funktionsweisen der herrschenden Verhältnisse und der eigenen Position in diesen fordern. Deswegen wollen wir an dieser Stelle nochmal betonen, wie wichtig es ist, dass Menschen sich in ihren Kämpfen um Freiheit selber organisieren und sich nicht auf, vor allem an Machterhaltung und Profit orientierte, Mächtige verlassen. Wenn solche Kämpfe wegen grundsätzlicher Forderungen wie dem Beharren auf Versammlungsfreiheit und bedingungsloser Solidarität untereinander mit dem Gesetz in Konflikt geraten, zeigt dies, dass eine Emanzipation sich nicht an den Normen und Regeln des Bestehenden orientieren kann. Da diese Schlüsse ohne eine „objektivere“ Situationsbeschreibung schwer zu vermitteln sind haben wir dies in diesem Text noch einmal probiert.

Der Repression ins Gesicht spucken

Die Ereignisse rund um die Spontandemonstration in Aachen, am 30.06.2015, spiegeln viele der oben genannten Punkte wieder.
Eine bis zum Einschreiten der Polizei friedliche Demonstration wird von dieser angegriffen und unter massivem Einsatz von Schlägen, Schlagstöcken und vor allem Pfefferspray aufgelöst. Die Demo richtete sich gegen rassistische Polizeigewalt und wollte Aufmerksamkeit für dieses Thema schaffen, da eben diese rassistische Gewalt wieder den Tod eines Menschen gefordert hat. Diese Tatsache oder auch generelle Verurteilung von autonomer, selbstbestimmter Praxis war den Beamt_innen wohl ein Dorn im Auge. Als sie die Demoteilnehmenden angriffen, war es ihre Entscheidung zur Eskalation, da die Betroffenen sich in ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung wohl nicht einschränken lassen wollten. Um die Gewalt und Verletzten bei dem Einsatz zu rechtfertigen, wird im Nachhinein, in den Pressestatements der Polizei, eine Eskalation von Seiten der Demonstrierenden fingiert und ihnen schwere sowie gefährliche Körperverletzung, Beleidigung, Verstoß gegen das Versammlungsgesetz und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorgeworfen. Diese Darstellung wird unkommentiert von der Lokalpresse abgedruckt und so als einzige Wahrheit stilisiert und dies trotz einer zeitnah veröffentlichten Stellungnahme von Demoteilnehmenden. (21)
Uns ist es egal, ob die Angeklagten nach geltendem Recht schuldig oder unschuldig sind. Fest steht, dass die Polizei durch solche Angriffe versucht, Demonstrationen dieser Art zu unterbinden und kritische Stimmen zu ihrem Vorgehen im Nachgang mit Repressionen und medialen Schmierenkampagnen überschwemmt, bei der die bürgerliche Presse bereitwillig mitspielt. Deswegen wollen wir gemeinsam solche Repressionen auffangen und niemanden alleine lassen. Der Staat versucht uns zu vereinzeln, tun wir uns zusammen um auch in Zukunft wild, kritisch und selbstbestimmt zu leben und diese Inhalte auf die Straße zu tragen!

(1) Interview mit Anarchist_innen aus Den Haag:
https://freedomnews.org.uk/interview-anarchists-talk-about-den-haag-and-the-2015-riots/ (18.06.2017)

(2) Studie zu Racial Profiling durch die Bundespolizei:
http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/publikationen/show/racial-profiling-menschenrechtswidrige-personenkontrollen-nach-22-abs-1-a-bundespolizeiges/
(18.06.2017)

(3) Gesetzgebung zu Befugnissen der Bundespolizei:
https://www.gesetze-im-internet.de/bgsg_1994/BJNR297900994.html
(18.06.2017)

(4) Artikel und Infos zu strukturellem Rassismus und „racial profiling“:
https://kopbremen.noblogs.org/
(18.06.2017)

https://www.antifainfoblatt.de/artikel/polizei-und-rassismus-%E2%80%93-wider-der-legende-bedauerlicher-einzelf%C3%A4lle
(18.06.2017)
https://www.vice.com/de/article/racial-profiling-wegen-aussehen-und-herkunft-im-visier-der-polizei-887

(18.06.2017)

(5) Definition von erheblicher Gefährdung von Sicherheit und Ordnung:

http://www.juraforum.de/lexikon/sicherheit-und-ordnung-oeffentliche
(18.06.2017)

(6) Weitere Infos zu den Protesten in Den Haag:

https://fightrepressiondemo.noblogs.org
(18.06.2017)

(7) Stellungnahmen zum Prozess gegen Demoanmelder Anfang 2017:

https://linksunten.indymedia.org/en/node/195622
(18.06.2017)

https://antirepac.noblogs.org/post/2017/03/06/prozess-gegen-demoanmelder-geht-weiter/
(18.06.2017)

(8) Informationen und Artikel zum Prozess gegen Demoanmelder Anfang 2012:

http://ac1312.blogsport.eu/
(18.06.2017)
https://linksunten.indymedia.org/en/node/128820
(18.06.2017)
http://www.aachener-nachrichten.de/lokales/aachen/strafverfahren-gegen-linken-aktivisten-will-kein-ende-nehmen-1.909397 (18.06.2017)

(9) Stellungnahme und Urteil zum Filmen der Polizei auf Demonstrationen:

https://blog-werwiewas.blogspot.com/2010/07/filmen-der-demo-am-5-sept-09-durch-die.html
(18.06.2017)

(10) Artikel und Stellungnahme zur Verschärfung des §113 STGB:
https://www.taz.de/!5401997/ (18.06.2017)
http://amnesty-polizei.de/statement-zur-verschaerfung-des-widerstand-paragrafs-bundesjustizminister-maas/
(18.06.2017)

(11) Artikel zur Fußfessel für Gefährder:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundestag-beschliesst-elektronische-fussfessel-fuer-gefaehrder-a-1145200.html (18.06.2017)

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1049357.fussfessel-fuer-gefaehrder-kommt.html
(18.06.2017)

https://netzpolitik.org/2017/bka-gesetz-de-maiziere-kuendigt-novellierung-an/
(18.06.2017)

(12) Thesen und Forderungen der „Grünen“ zur Stärkung von Polizei und Justiz:

https://www.gruene.de/themen/buergerrechte-demokratie/innenpolitik.html
(05.02.2017)

(13) Informationen und Texte zum NSU-Prozess:
https://www.nsu-watch.info/ (18.06.2017)
http://nsu-tribunal.de/ (18.06.2017)

(14) Beispiele zur Berichterstattung der Lokalpresse:
Artikel zu Auseinandersetzung mit Neonazis, einzige Quelle sind Aussagen der Polizei: http://www.aachener-nachrichten.de/lokales/aachen/erneut-einsatz-im-frankenberger-viertel-personengruppe-greift-maenner-an-1.1581921 (18.06.2017)

Darstellung der Aktivist_innen zum gleichen Vorfall:
https://antirepac.noblogs.org/post/2017/03/19/2-compas-in-aachen-verhaftet-kundgebung-heute-sonntag-19-03-um-15-uhr-am-neumarkt-in-aachen/ (03.07.2017)

Artikel der lokalen Presse zu einer Aktion im Hambacher Forst und die vorhergegangene Polizeimeldung:
http://www.presseportal.de/blaulicht/pm/11559/3483933 (24.06.2017)
www.express.de/koeln/hambacher-forst-braunkohle-gegner-werfen-steine-auf-rwe-mitarbeiter-und-polizei-25098330
(24.06.2017)
http://www.aachener-nachrichten.de/lokales/region/hambach-sprengsatz-attrappe-und-brennende-barrikaden-1.1491477 (24.06.2017)

https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/polizei-wieder-im-hambacher-forst-100.html
(24.06.2017)

(15) Artikel zu der Hambachbahnblockade 2017:
http://www.aachener-nachrichten.de/lokales/region/beredte-zeugen-der-gewalteskalation-im-hambacher-forst-1.1512249 (18.06.2017)

(16) Artikel zur Anzahl von Terroranschlägen:

http://blog.zeit.de/teilchen/2016/03/23/terror-in-zahlen/
(24.06.2017)

(17) Video vom „Heute Journal“ zu Angriffen auf Polizeibeamte:

https://www.zdf.de/nachrichten/heute-journal/gespraech-mit-rita-steffes-100.html
(17.06.2017)

(18) Statistik zur juristischen Verfolgung von Polizeigewalt:

https://correctiv.org/blog/2016/02/12/polizeigewalt-zahlen-faelle/
(18.06.2017)

(19) Stellungnahmen zu Prozessen gegen Antifaschist_innen:
https://linksunten.indymedia.org/en/node/183710
(18.06.2017)
https://linksunten.indymedia.org/en/node/190249 (18.06.2017)
https://linksunten.indymedia.org/en/node/195991 (18.06.2017)

Bericht zu den Protesten gegen Pegida in Aachen 2015:

http://akantifaac.blogsport.de/2015/12/24/bericht-zu-den-protesten-gegen-pegida-am-13-12-in-aachen/
(18.06.2017)

(20) Kampagne von Amnesty International zu Polizeigewalt und derer juristischer Verfolgung:

www.amnestypolizei.de
(18.06.2017)

(21) Stellungnahme und Polizeipresse nach der Spontandemonstration am Aachener Markt:

http://akantifaac.blogsport.de/2015/07/02/dokumentation-erklaerung-zur-demonstration-am-dienstagabend/
(18.06.2017)

http://www.presseportal.de/blaulicht/pm/11559/3060828
(18.06.2015)

G20 Mobi bei der Anarchist Kitchen #2

Am 22.06.17 wird es im Rahmen der Anarchist Kitchen einen Vortrag über die Hintergründe und die historischen Bezüge des G20 Gipfels der dieses Jahr in Hambrg stattfindet geben. Desweiteren wird es Infos über die bisher angekundigten Gegenaktivitäten geben. Los gehts um 19h im Autonomen Zentrum Aachen.
Anarchist Kitchen:
facebook(punkt)com/Anarchist-Kitchen-233269107107645/ (ACHTUNG! Facebook link)

G20 – Hamburg in Schutt und Asche legen – warum eigentlich (nicht)?

Die Bundesregierung stellt in ihrer Planung des Gipfels neben den üblichen Themen „Stabilität der Weltwirtschaft“ und „Regulierung der Finanzmärkte“ vor allem die „Partnerschaft mit Afrika“ in den Mittelpunkt. Die brisante Bedeutung dieses gutmenschlichen Schleims erschließt sich aus dem aktuellen Zusammenhang politisch ökonomischer Bedingungen: es ist ein komplexes und höchst aggressives Projekt von herausragender Bedeutung.

In diesem Projekt verbindet sich der soziale Krieg gegen die Geflüchteten mit einem zugleich militärischen, politischen und ökonomischen Griff ins Innere des nahöstlich/afrikanischen Raums. Die gewaltigen Migrationsbewegungen, aus denen uns nur die Spitzen erreichen, sind Folgen einer Zerstörung der sozialen und ökonomischen Zusammenhänge durch die jahrzehntelange Entwertung der überkommenen Arbeits- und Lebensverhältnisse. Eingeleitet wurde dieser Prozess (IWF: „Schöpferische Zerstörung“) in der neoliberalen Phase des späten 70er bis in die 90er Jahre. Entscheidend verschärft aber wurde sie durch den technologischen Angriff aus der amerikanischen „Fed“ und dem Silicon Valley. Die Absicht: durch die damit verbundene Steigerung der Kapital-Produktivität weltweit alle tradierten Produktions- und Arbeitsformen und die damit verbundenen Lebensformen zu entwerten, bis zum Verfall in die Überflüssigkeit.

Das Containment dieser „Flüchtlingsströme“ operiert mit der Vorverlagerung der Front in einen diktatorischen „cordon sanitaire“ zur Regulierung ihres stetig wachsenden Aufpralls mit Hilfe eines lückenlosen Vertragsgeflechts mit den autokratischen Regierungen. Dabei wird die Aggressivität der neuen Populistmen von der EU aufgenommen und diesem Prozess dienstbar gemacht. Dies jedoch bietet zugleich eine unerwartete „Chance“ (von der Leyen). Eine Chance, neue Formen des militärischen, ökonomischen und sozialen Zugriffs tief die Räume hinein zu tragen mit dem Ziel, nicht unterworfene Menschen als Quellen des Werts zu erschließen – unvermeidlich unter Elimination der Unbrauchbaren. Genaue Einzelheiten lassen sich bislang weder dem La Valetta-Beschluß, noch der neuerlichen „Marshallplan“-Initiative der CSU entnehmen. Allenfalls Projektionen. Aber aus der Geschichte können wir vielleicht Hinweise erschließen. Denn dieses Krisenprojekt erinnert an den wilheminischen und nazistischen Aufmarsch in Kolonien und „Ergänzungsräume“.

Seien wir im Juli in Hamburg so radikal wie Realität der G20!

Beitrag zur Entwicklung der „Neuen Rechten“ in Aachen

gefunden auf Demokratie leben Aachen:
Corpsbrüder, Szene-Kader und alte Kameraden – Ein historisch-aktueller Streifzug durch das Milieu der „Neuen“ Rechten in Aachen

Veröffentlicht am Freitag, 09. Juni 2017 11:54

Lange machte die Region als Hotspot der rechtsextremen Szene in NRW Schlagzeilen. Neonazi-Aufmärsche, Mandate und Aktivitäten der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), die „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL), rechtsradikale Hooligans. Weniger Aufsehen erregte das, was man die „Neue Rechte“ [1] nennt – und das doch oft an die alte Rechte erinnert. Der Bogen spannt sich dabei von Denkzirkeln zum Rechtspopulismus, vom Völkischen bis hin zu Burschenschaften, von Fans der „Konservativen Revolution“ [2] über die Alternative für Deutschland (AfD) bis zum Antisemitismus.

Anknüpfungspunkte verschwimmen dabei immer und immer wieder: Im Stadtrat bilden ein AfD-Mann und ein ehemaliger Spitzenfunktionär von „Pro NRW“ eine Ratsgruppe. „Pro NRW“ wird vom Verfassungsschutz beobachtet, der AfD-Ratsmann steht dem völkisch-nationalistischen und neurechten Flügel der rechtspopulistischen AfD nahe. Anfang 2016 erschien in „Zuerst“, einem rechtsradikalen „Deutschen Nachrichtenmagazin“, ein Interview mit diesem AfD-Vertreter. Er und die AfD Aachen luden im April 2016 den Chefredakteur von „Zuerst“ zu einem Vortrag in das Haus der Burschenschaft „Libertas Brünn“ ein. Nachdem der AfD-Mann schon im Mai 2015 bei dieser Burschenschaft aufgetreten war und Vertreter der Partei „Die Rechte“ (DR) und des Nachfolgers der verbotenen KAL, „Syndikat 52“ (S52), den Vortrag gelobt hatten, haben Neonazis auch im April 2016 den Abend besucht.

Auf Fotos, die die Besucher zeigen sollen, war auch der in Hürtgenwald lebende Parteichef der rechtsextremen, fremdenfeindlichen und zum Antisemitismus neigenden Minipartei „Arminius Bund“ zu sehen. Der Mann war einst im „Arbeitskreis der Russlanddeutschen in der NPD“ aktiv, 2009 NPD-Kandidat in Düren und Vertreter der „Russlanddeutschen Konservativen“, die 2013 in Stolberg eine Tagung mit Holocaust-Leugnern wie Ursula Haverbeck und Ernst Zündel abhielten. Der „Arminius Bund“ tritt zwar eigenständig als Partei von und für Spätaussiedler auf, seit geraumer Zeit äußern sich Vertreter aber auch positiv über die AfD. Auf einem Facebook-Profil des „Arminius Bundes“ erschienen mehrfach in denselben Zeitfenstern gleich lautende Postings wie im S52-Profil, was den Verdacht nahelegt, dass mindestens ein Verantwortlicher administrativen Zugang zu beiden Profilen hat. AfD, „Arminius Bund“ und S52 gemeinsam ist, dass wiederholt in sozialen Netzwerken zustimmend auf Artikel des Zentralorgans der „Neuen Rechten“, der „Jungen Freiheit“ (JF), hingewiesen wird.

Intellektualisierung des Rechtsextremismus

Der NRW-Verfassungsschutz warnte schon seit Mitte der 1990er Jahre unabhängig von der JF vor den Strategien der „Neuen Rechten“. Im Verfassungsschutzbericht über das Jahr 2005 nannte er die „Neue Rechte“ eine „intellektuelle Strömung innerhalb des Rechtsextremismus“, Duktus und Auftreten sollen dabei ähnlich der späteren NPD-Strategie der „seriösen Radikalität“ sein. Bereits 1996 berichtete das Stadtmagazin „Klenkes“ über neurechte Denkzirkel, auch hier verschwammen die Braun- und Grauzonen. So waren aus Kreisen der NPD-Jugend seit 1992 Pläne verfolgt worden, unabhängig von der JF einen „Junge Freiheit-Lesekreis“ respektive einen „Konservativen Gesprächskreis Aachen“ aufzubauen. Seit 1994 gab es dann solche Treffen, zudem fanden schon damals Referate mit Vertretern der „Neuen Rechten“ laut „Klenkes“ im Haus der „Libertas Brünn“ statt.

Anwesend waren beim Aachener „Junge Freiheit-Lesekreis“ beziehungsweise dem „Konservativen Gesprächskreis Aachen“ Mitglieder der NPD, der „Republikaner“ (REP), der 1995 verbotenen, NSDAP- beziehungsweise SA-ähnlichen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) und Vertreter der „Liberten“. Als Gäste reisten zu den variierenden Veranstaltungen bundesweit führende Kader und Strategen aus dem Umfeld der verbotenen „Wiking Jugend“ (WJ) und der NPD an. Zeitnah ließ sich in Eschweiler ein Kölner Rechtsextremist und Versandhändler nieder, der sowohl szenentypische Literatur und Musik anbot, als auch eine Zeitschrift verlegte, in der schon früh versucht wurde, neurechte Thematiken und Strategien mit altrechten Inhalten und jugendkulturellen Themen in Einklang zu bringen. Treffen in dem „Braunes Haus“ genannten Anwesen des Verlegers besuchten militante Nazi-Skinheads sowie Strategen. Der Verleger gehörte später zu den Mitbegründern und Kadern von „Pro Köln“, „Pro NRW“ und „Pro Deutschland“ – lange vor Gründung der AfD Versuche, die durch Burschenschaften geprägte Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) nach Deutschland zu transferieren.

Auch in diesem Geflecht von Akteuren rund um den „Junge Freiheit-Lesekreis“ in Aachen ging es um den neurechten Versuch, eine Vernetzung rechter Strömungen voranzutreiben, der auch einen Brückenschlag ins klassisch konservative Lager der bürgerlichen Mitte ermöglichen sollte. Es verwunderte also nicht, dass sich aus jener Klientel 1998 diejenigen formierten, die Front machten gegen die in Aachen gastierende „Wehrmacht-Ausstellung“. An einer Kundgebung mit rund 30 Rechten am Eröffnungstag beteiligten sich besonders Burschenschafter, darunter auch die der „Liberten“ – erschienen waren sie rund um den späteren Pressesprecher der NPD Aachen. Zuvor hatte jene Klientel schon einen Vortragsabend mit Vertretern der geschichtsrevisionistischen Szene angekündigt. Nur rund zwei Jahre später sollten bei der „Libertas Brünn“ dann der Antisemit und Holocaust-Leugner Horst Mahler sowie ein NPD-Ideologe gastieren; letztgenannter war als Autor auch für neurechte Strategieorgane tätig.

Als Bill Clinton im Jahre 2000 der Karlspreis verliehen wurde, war es wiederum der spätere Pressesprecher der NPD, seinerzeit Aktiva der „Liberten“, der eine NPD-Kundgebung mit Mahler gegen den US-Präsidenten und die USA mitorganisierte. Nur fünf Jahre später gerieten die „Liberten“ in die Schlagzeilen, weil eines ihrer Mitglieder bei der Wahl zum RWTH-Studierendenparlament als Kandidat des CDU-nahen „Rings Christlich-Demokratischer Studenten“ (RCDS) fungierte, seine Zugehörigkeit zu der Burschenschaft sollte der Student dabei zuvor verschwiegen haben.

Derselbe junge Mann fiel 2009 wegen einer als rassistisch eingestuften Aktion bei einem Treffen der Deutschen Burschenschaft (DB) in Eisenach gegen ein dunkelhäutiges Mitglied einer liberalen Burschenschaft auf. Er wechselte bald darauf von den „Liberten“ zur „Burschenschaft Danubia“ in München, die der bayerische Verfassungsschutz in seinen Landesverfassungsschutzberichten seit mehreren Jahren in dem Kapitel „sonstige rechtsextremistische Organisationen“ erwähnt, ab 2016 attestiert er den „Danuben“ zudem eine Nähe zur „Identitären Bewegung“ (IB). 2014 machte der Ex-„Liberte“ in Süddeutschland als Vertreter der AfD-Parteijugend und später als Anhänger des völkisch-nationalistischen AfD-Fügels politisch wieder Karriere – abgesehen von kurzen Unterbrechungen, nachdem er wegen des gut sechs Jahre zurückliegenden Vorfalls in die Schlagzeilen geraten war.

Alles verschwimmt mit allem – nichts verschwimmt mit gar nichts

Die Nahtstellen zwischen Konservatismus, Patriotismus, Nationalismus und neurechten Ideologiekonzepten verschwimmen. Das, was heute an politischen Konzepten zwischen Strategen der NPD, Vertretern der „Identitären Bewegung“ (IB) und neurechten Ideologen der AfD inhaltlich hin und her wabert konnte man bis Mitte der 1990er Jahre noch beim „Marktfrühschoppen“ des damaligen „Convents der Aachener Korporationen“ (CdAK) unter Schirmherrschaft von Universitätshonoratioren und Oberbürgermeistern beobachten. Fürs Pressefoto stießen TH-Kanzler und OB auch mit den Burschen an. Ansonsten saßen Verbinder, Burschenschafter, Vertreter von Corps und katholischen Bünden beieinander, Menschen aus den rechten Flügeln von Union und FDP mit Burschenschaftern, die für eine rechtsradikale Gesinnung standen und die Österreich, Südtirol und Ostpreußen weiterhin als Teil Deutschlands ansahen. Gegenproteste und öffentliche Kritik an der Rolle nationalistischer, geschichtsrevisionistischer und rechtsradikaler Burschenschaften machten dem Treiben ein Ende.

Rund 20 Jahre später hat sich diese Welt der Bünde neu sortiert; es gibt unterdessen Verbindungen und Burschenschaften, die liberal und tolerant auftreten sowie Menschen mit Migrationshintergrund und dunkler Hautfarbe aufnehmen. Die „Liberten“ sollen heute für jene Gemeinschaft der Korporationen unbedeutend geworden sein, sozusagen das „Schmuddelkind“ unter den Elitären, wird immer wieder geraunt. Nichtsdestotrotz veranstalten die „Liberten“ mit den „Teutonen“ und „Alanen“ zusammengeschlossen im „Convent Aachener Burschenschaften“ (CAB) seit Jahren gemeinsame Veranstaltungen. 2009 hatte ein für den CAB angekündigter Vortrag mit einem rechtsextremen Anwalt, ehemaligen REP-Funktionär und „Verbandbruders“ bei den „Liberten“ für Aufsehen gesorgt. Die „Burschenschaft Alania“ hatte daraufhin die Werbung für diesen Abend von ihrer Homepage entfernt.

Auch 2010 hielten die CAB-Bünde gemeinsame Abende ab, etwa wurden ein Vortrag mit dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Aachen und einer mit dem Mitbegründer der GSG 9 beworben. Die „Liberten“ kündigten zeitnah jedoch ebenso den Besuch eines „Bundesbruders“ und Spitzenpolitikers der FPÖ an. Titel, drei Jahre vor Gründung der AfD und fünf Jahre vor der Abwahl Bernd Luckes und dem Rechtsruck hin zu einer deutschen Kopie der FPÖ: „Chancen und Möglichkeiten einer blauen Partei in der BRD.“

2012 forderten der Oberbürgermeister und die Rektoren der vier Hochschulen die drei seinerzeit in der DB organisierten Bünde dazu auf, sich „klar von extremistischem Gedankengut zu distanzieren“. Man erwarte von den „Alanen“, „Teutonen“ und „Liberten“ eine „klare Distanzierung vom rechtsextremistischen Gedankengut, wie es in der Deutschen Burschenschaft vertreten wird“. Sollten Konsequenzen ausbleiben, werde man diesen Burschenschaften keine Räumlichkeiten mehr zur Verfügung stellen und Repräsentanten von Stadt und Hochschule würden keine Veranstaltung dieser Vereinigungen mehr besuchen, hieß es in einer Erklärung.

„Alanen“ und „Teutonen“ distanzierten sich zeitnah, die „Liberten“ stellten später auf ihrer Homepage fest, aufgrund „unserer demokratischen Grundsätze lehnen wir jeglichen Extremismus ab.“ Offenkundig ist der Begriff „Extremismus“ allerdings Auslegungssache angesichts der Vortragsabende 2015 und 2016. Dessen ungeachtet sind Burschenschaften und Verbindungen in Verbänden und Convents organisiert, und wenn gemeinsame Feiern rufen oder die Bünde Vorträge und Veranstaltungen abhalten, dann sind auch die angeblich politischen „Schmuddelkinder“ der „Liberten“ oft genug anwesend, als Mitorganisatoren, als „Brüder“ im Geiste oder Verband – oder als Gäste. Bis heute halten die Burschenschaften „Alania“, „Teutonia“ und die „Liberten“ gemeinsam CAB-Stammtische, -Exkursionen und -Vortragsabende ab, meist abwechselnd in ihren jeweiligen Häusern.

Von liberal-konservativ bis rechtspopulistisch bis rechtsextrem…

Dass auch Personen aus als gemäßigt gelten Corps oder Verbindungen längst in der AfD eine politische Heimat finden, wird intern zur Kenntnis genommen, manchmal mit Sorge beobachtet und ganz selten auch kritisiert. Öffentlich geschieht derlei allerdings kaum, zu sehr verwoben sind die bündischen Kontakte mit- und der Verschwiegensheitskodex untereinander. Dass in der „STUDIUM-Hochschulgruppe“ 2015 ein AfD-Funktionär aktiv war, der im Wahlkampf für das Studierendenparlament (StuPa) an der RWTH zuweilen AfD-Positionen über seine Liste verbreitete, machte die Juso-Hochschulgruppe öffentlich. Derselbe Student hatte bei der Kommunalwahl im Mai 2014 als AfD-Kandidat als Meldeanschrift die Adresse des Hauses eines Corps angegeben, das sich nach außen hin als liberal-konservativ und tolerant präsentiert.

Seinerzeit stand die AfD in Aachen äußerst weit rechtsaußen, Vorsitzender war 2015 ein „Alter Herr“ der völkisch-nationalistischen „Alte Breslauer Burschenschaft der Raczek zu Bonn“. Im Haus der „Raczeks“ gastierte im September 2014 ein neurechtes Treffen namens „Zwischentag“. An diesem Meeting der intellektuell-rechtsradikalen Szene nahmen auch teils damalige oder später führende nordrhein-westfälische Mitglieder von NPD und „Pro NRW“ teil; als Aussteller angekündigt waren seinerzeit in Bonn eine Reihe der wichtigsten Strategieorgane, Verlage und Institute der „Neuen Rechten“, indes ebenso die DB und die „Identitäre Bewegung Deutschland“ (IBD). Von diesem Treffen gibt es Fotos, die den „Raczek“ Monate vor seiner Wahl zum Vorsitzenden der AfD-Aachen bei jenem Treffen zeigen, auf einem hilft er mit anderen Besuchern und Ausstellern dabei, offenbar Materialien der Aussteller ins Haus zu tragen.

Besucher des „Zwischentages“ waren auch der Aachener AfD-Ratsmann sowie ein Burschenschafter aus Stolberg, der später als Mitarbeiter, Autor und Stratege der AfD-Ratsgruppe in Aachen firmierte. Der Mann, der sein ideologisches Rüstzeug bei der extrem weit rechtsaußen stehenden Marburger „Burschenschaft Germania“ erwarb, bewegte sich da schon seit vielen Jahren in unterschiedlichen Spektren der radikalen rechten Szene(n). Eine Studienarbeit des Mannes, der Ende 2016 als Pressesprecher zur AfD in Hamburg wechselte, stammt aus dem Jahr 2010, eine Printversion davon kann man über das Internet bestellen. Titel: „Gramscis Konzeption der Hegemonie und die versuchte Adaption der Neuen Rechten in der Bundesrepublik Deutschland“. Gramsci war ein italienischer Schriftsteller und marxistischer Philosoph – seine politischen Strategien haben die „Neuen Rechten“ in ihrem Sinne adaptiert. Für manche von ihnen sind Ideen und Konzepte dieses politischen Gegners eine wichtige Inspiration, neben bekannten Autoren der „Konservativen Revolution“.

Offenkundig verschwimmt am neurechten Rand alles mit allem, auch wenn es nach außen so wirken soll, als verschwimme nichts mit gar nichts. Relativ neu ist das Phänomen der vom Verfassungsschutz beobachteten, rechtsextremen und völkisch-nationalistischen „Identitären Bewegung“ (IB), die aktuell Versatzstücke der „Neuen Rechte“ als popkulturelle Variante und rechte Spontitruppe umzusetzen versucht. Geprägt sind die IB in Aachen von zwei Brüdern, die lange Jahre in der Neonazi-Szene aktiv waren, Verwandte des Duos sind bis heute maßgeblich darin verstrickt. Während Vertreter der IB über solche Personalien verbreiten, solche nunmehr angeblich ehemaligen Neonazis hätten mit der alten Ideologie und Szene gebrochen und würden nun als „IBster“ neue „patriotische“ Wege gehen, werten Beobachter derlei nur als Maskerade. Lediglich Auftritte und Sprache der Aktivisten seien neu und wirkten moderner, angelehnt trotzdem an die Strategie der „Konservativen Revolution“. (mik)

Anmerkungen

[1] „Neue Rechte“: Unter dem Begriff „Neue Rechte“ wird eine geistige Strömung verstanden, deren Ziel die intellektuelle Erneuerung des Rechtsextremismus ist. Sie versucht, sich von der deutlich am historischen Nationalsozialismus orientierten „Alten Rechten“ abzusetzen. Als Ausgangspunkt der Strömung gilt ein Ende der 1960er/Anfang der 1970er Jahre entstandener Kreis französischer Akademiker um den Philosophen Alain de Benoist, der sich „Nouvelle Droite“ nannte. […] Bevor Wahlerfolge rechtsextremer Parteien möglich sind, müssten deren ideologische Positionen durch Beeinflussung öffentlicher Debatten in der Gesellschaft verankert werden. Als erster Schritt auf dem Weg dahin wird das Prägen von Elitendiskursen angesehen, etwa durch publizistische Aktivitäten an der Grenze zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus.“ (Bundeszentrale für politische Bildung, Glossar)

[2] „Konservative Revolution“: Die Neue Rechte bezieht sich auf autoritäre und elitäre Denker der „Konservativen Revolution“, die in der Weimarer Republik zu den antidemokratischen Kräften gehörten (zum Beispiel Ernst Jünger, Arthur Moeller van den Bruck, Carl Schmitt). Auch Theoretiker des Faschismus wie Julius Evola genießen in der Neuen Rechten hohes Ansehen. (Bundeszentrale für politische Bildung, Glossar)

G20 Mobi bei der Anarchist Kitchen

Am Donnerstag den 08.06.17 findet um 19h die Anarchist Kitchen und ein Rechtsinfoabend des Ermittlungsausschuss Aachen statt.

Eintritt frei
Anarchist Kitchen
Die „Anarchist Kitchen“ ist nach dem KüfA-Konzept (Küche für Alle) organisiert. Essen ist zunächst einmal Grundbedürfnis. Trotz alledem kann darin auch ein kulturgesellschaftlicher Aspekt gesehen werden. Wir versuchen einen Raum zu schaffen in dem Essen auch der Kommunikation und einem gemeinsamen solidarischen Miteinander dienen soll. Dabei wird es vegane und zum Teil auch aus geretteten Lebensmitteln zubereitete Speisen gegen eine kleine Spende geben.
facebook(punkt)com/Anarchist-Kitchen-233269107107645/ (ACHTUNG Facebook link)
Rechtsinfoabend des EA Aachen
Die Proteste gegen den G20-Gipfel in Hamburg stehen vor der Tür. Um autokratische Herscher wie Trump, Putin und Erdogan zu hofieren, wurde unter dem Heraufbeschwören von Horrorszenarien um legitimen und bitter notwendigen Protest zu kriminalisieren ein enormer Repressionsapparat aufgebaut. Neben einem abgewendeten Versuch sämtliche Demonstrationen in Hamburg selbst zu verbieten, beinhaltet dies u.a. die Gesetzesverschärfung zum Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte oder der Errichtung eines neuen Knastes mit Gerichtsräumen zum juristischen durchwinken der Inhaftierungen. Es gilt daher vorbereitet zu sein. Wie verhalte ich mich bei Demonstrationen? Was für Konsequenzen hat welche Handlung und wie verhalte ich mich bei einer Ingewahrsamnahme? Der EA (Ermittlungsausschuss) Aachen hält einen kleinen Vortrag um diese wichtigen Fragen zu beantworten, wobei Unklarheiten und offengebliebene Fragen in einer Diskussion im Nachgang zum Vortrag beantwortet werden können.
Info zur generellen Arbeit von Ermittlungsausschüssen
http://www.ermittlungsausschuss.eu/

Am Donnerstag den 22.06.17 19h gibt es in der Anarchist Kitchen einen weiteren Info-Vortrag zum G20 Gipfel in Hamburg, weitere Infos folgen…

Dokumentation: Entlassung von Finn und Fifi

Erschienen auf antirepac.noblogs.org:

Nachdem Finn am 28.04.17 nach der Haftprüfung entlassen wurde ist am 31.03.17 auch Fifi aus dem Knast gekommen.
Für beide wurden Auflagen für die Entlassung erteilt, unter anderem ein Ausreiseverbot sowie Meldungen auf der örtlichen Bullenwache. Dies zeigt, auch wenn Staatsanwaltschaft und Justiz die Inhaftierung nicht weiter rechtfertigen können, dass sie trotzdem alles versuchen um die betroffenen Aktivisti handlungsunfähig zu machen und andere einzuschüchtern.
Auch wenn wir Finn und Fifi wieder bei uns haben ist diese Geschichte noch lange nicht vorbei. Die Prozesse der beiden und vieler anderer Genoss_innen stehen an, die Faschos reorganisieren sich weiter und Staatsanwaltschaft und Presse verfolgen und diffamieren weiter Autonome, Antifaschist_innen und Anarchist_innen. Trotzdem nochmal ein dickes Dankeschön für den Support von so vielen Seiten!
Grüßen möchten wir die in Aachen und Köln wegen Bankenteignung inhaftierten Anarchist_innen und alle Gefangenen weltweit!

Wir halten euch auf dem Laufenden…

Prisons are for burning!