Dieser Text wurde als Redebeitrag auf der „Entnazifizierung jetzt! – Extrem rechte Netzwerke in der Aachener Polizei aufdecken!-Demo am 11. Juli in Aachen gehalten:
Zur Zeit wird viel von gesellschaftlichem und institutionellem Rassismus geredet. Rassismus und rassistische Polizeigewalt sind dabei kein US-Phänomen, sondern auch bei der deutschen Polizei kein Einzelfall: „Racial Profiling“ ist an der Tagesordnung, immer wieder berichten People of Colour (PoC) von Misshandlung durch Polizist*innen, immer wieder werden Menschen aus rassistischen Motiven von der Polizei ermordet.
Ein paar Beispiele aus der letzten Zeit:
Im März diesen Jahres wurde in Essen eine Familie mit Migrationshintergrund von Polizist*innen auf der Wache verhöhnt und geschlagen, nachdem sie wegen eines Überfalls Anzeige erstatten wollten. Kurz darauf wurde ein Video eines 23-jährigen Mannes hochgeladen, in dem er ebenfalls davon berichtet, wie er und sein Vater Opfer rassistischer Polizeigewalt wurden. Die Essener Polizei bestreitet die schwerwiegenden Vorwürfe.
Ebenfalls in Essen, genauer in Altendorf, wurde am 18. Juni der 32-jährige Adel B erschossen. Von der Polizei durch eine geschlossene Tür. Zuvor hatte der Mann nach Angaben der Polizei diese selbst gerufen und angegeben, sich umbringen zu wollen. Die Polizei log anschließend mehrfach über den Ablauf des Einsatzes und die Umstände der tödlichen Schüsse und versuchte aktiv, Beweise verschwinden zu lassen. Die Freund*innen aus Essen werden später noch mehr dazu berichten.
2018 wurde in Kleve der syrische Asylbewerber Amad A. aufgrund einer angeblichen Verwechslung für zwei Monate unschuldig inhaftiert. Er starb im September, nachdem in seiner Zelle ein Feuer ausgebrochen war. Festgenommen wurde er aufgrund eines Haftbefehls wegen Diebstahls, der sich jedoch gegen einen anderen Mann aus Mali richtete. Die Polizei sprach von einer Verwechslung aufgrund eines falsch angegebenen Aliasnamen. Doch im Zuge der Ermittlungen wurde festgestellt, dass Datensätze vorsätzlich manipuliert wurden. Die Umstände der Verhaftung und des Todes von Amad A. sind bis heute nicht ausreichend geklärt. Die Polizei sprach von Suizid, eine Aussage, die von Angehörigen in Zweifel gezogen wird.
Der Rassismus bei der Polizei fällt nicht irgendwie vom Himmel, er ist systematisch und häufig ideologisch. Innerhalb der Polizei gibt es extrem rechte Netzwerke. Und so sind auch die genannten Beispiele sind leider keine Einzelfälle. Es gibt in Deutschland ein strukturelles Problem mit rassistischer Polizeigewalt. Allein zwischen dem 1. Januar 2019 und dem 31. März 2020 sind, soweit wir wissen, zehn People of Color in Deutschland bei Polizeieinsätzen oder in Gewahrsam getötet worden.
Nichts kann die Zeit zurückdrehen, nichts bringt die Toten wieder – doch es gibt nicht einmal Aufklärung und Gerechtigkeit für die Hinterbliebenen! Korpsgeist und politische Mauern verhindern beinahe immer, dass die Rassist*innen in Uniform zu Rechenschaft gezogen werden. Vor Gericht bekommen Polizist*innen viel zu oft Recht. So laufen auch die mutmaßlichen Mörder von Oury Jalloh, der 2005 in einer Zelle in Dessau verbrannte, immer noch frei herum.
Nur durch investigativen Journalismus oder durch Videos der Vorfälle kommt die Polizeigewalt ans Tageslicht. Es braucht Transparenz, es braucht unabhängige Aufklärung und Gerechtigkeit für Opfer von rassistischer Polizeigewalt! Wir müssen uns organisieren oder bestehende Kampagnen wie „Death in Custody. Aufklärung der Todesfälle in Gewahrsam jetzt!“ unterstützen.
Wir dürfen nicht vergessen.