Am 19. Februar ist der rassistische Anschlag in Hanau ein Jahr her. 

gefunden auf: 19feb-hanau.org
veröffentlicht am 19. Januar 2021
Am 19.02 um 18 Uhr findet eine Gedenkveranstaltung am Elisenbrunnen in Aachen statt.
Wir klagen an und fordern Taten statt Worte:
Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung, Konsequenzen!
Wir trauern und erinnern uns. An Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin. 
Am 19. Februar ist der rassistische Anschlag in Hanau ein Jahr her.
 
Am Jahrestag wird es in Hanau auch eine offizielle Gedenkveranstaltung mit dem Bundespräsidenten und dem hessischen Ministerpräsidenten geben. Wir werden viele anteilnehmende Worte hören, Betroffenheit und Verurteilungen der Tat. Was wir nicht hören werden, sind Antworten auf unsere vielen Fragen. Was wir nicht hören werden, sind Konsequenzen, damit sich das, was passiert ist, nicht wiederholt. Wir brauchen Taten statt Worte.
Ein Jahr danach sagen wir selbst, was nicht gesagt werden wird:
Wir sprechen über das Versagen der Behörden vor, während und nach der Tat, über die Schwerfälligkeit der Ämter bei der Unterstützung und Hilfe, und selbst beim Erkennen gravierendster Probleme – die Kälte der Bürokratie. Wir sprechen über das unverzeihliche Fehlverhalten der Sicherheitskräfte in der Tatnacht, über die Unwilligkeit und Schludrigkeit von Staatsanwaltschaft und Polizei bei den Ermittlungen, bei der Verfolgung von Spuren, bei dem Ernstnehmen neuer Bedrohungslagen, bei unserem Schutz. Wir sprechen über die wiederkehrenden Respektlosigkeiten und herabwürdigenden Gesten von Beamt:innen, Vertreter:innen von Behörden und Polizei gegenüber Angehörigen und Überlebenden und selbst gegenüber den Toten. Wir sprechen über den Normalzustand von institutionellem Rassismus. 
Ein Jahr danach bedeutet für uns, wir klagen an. 

Am 14.2. werden wir sprechen und in einer gestreamten Veranstaltung die Kette des Versagens nachzeichnen, die Bedingungen des Terrors benennen und den andauernden rassistischen Normalzustand anklagen.
Wir werden die Veranstaltung aufnehmen und übertragen. Wir laden alle ein, uns am 14.2., wenige Tage vor dem Jahrestag, zuzuhören wenn wir unsere Anklage vortragen. Wir werden Sequenzen unserer Anklage als Audio-Aufnahmen zur Verfügung stellen für alle Orte und Städte an denen ihr am 19. Februar sein werdet.
Wir wünschen uns nicht nur Beistand in der Trauer. Wir wollen mit euch gemeinsamen Druck entwickeln, um unsere Forderung durchzusetzen. Eine bittere Erkenntnis des letzten Jahres ist, dass all das was in Bewegung geriet, nur durch uns alle gemeinsam in Bewegung gesetzt worden ist.
Deswegen fordern wir Euch für den 19. Februar dazu auf, mit uns gemeinsam Zeichen zu setzen. Wegen der Pandemie können wir leider nicht mit allen zusammen kommen, so wie wir es brauchen und uns wünschen. Organisiert deshalb auf den Straßen und Plätzen eurer Städte und Dörfer Kundgebungen, Demonstrationen, Gedenkaktionen! Für politische Konsequenzen!
Die Namen der Opfer unvergessen machen. Ihre Namen sollen erinnern und mahnen, den rassistischen Normalzustand im Alltag, in den Behörden, den Sicherheitsapparaten und überall zu beenden. Der rassistische Anschlag war auch ein Ergebnis der rechten Hetze von Politiker:innen, Parteien und Medien. Behörden und Sicherheitsapparate haben ihn durch ihre strukturelle Inkompetenz und Ignoranz weder verhindert noch aufgeklärt. 
Es sind diese fließenden Formen rechten Terrors, die in den Handlungen Einzelner ihre mörderische Zuspitzung und Folge finden und damit niemals Einzeltaten sind. 
Schluss damit! Damit wir keine Angst mehr haben müssen, muss es politische Konsequenzen geben. Rassismus, egal in welcher Form, darf nicht mehr geduldet, verharmlost oder ignoriert werden.
Wir sind die Angehörigen, die Überlebenden, die Betroffenen. Wir haben dafür gesorgt, dass die Namen der Opfer bekannt sind – und nicht der des Täters. Wir waren unbequem und haben selbst recherchiert. Wir wurden vom Bundespräsidenten empfangen und von vielen anderen in Behörden und Gremien beschwichtigt. Wir wurden hingehalten. Wir haben nicht geschwiegen. Wir sind gereist, haben Treffen abgehalten, große und kleine, öffentliche und hinter verschlossenen Türen. Wir haben Öffentlichkeit geschaffen. Wir haben gelitten und uns gegenseitig getröstet, beruhigt und gestärkt. Wir sind sichtbar und unsere Stimmen sind überall zu hören. Wir sind vernetzt mit allen, die wissen und begreifen, dass Rassismus das Problem ist. Wir sind Berlin-Neukölln, Halle, Köln, Nürnberg, Mölln, Kassel, Wächtersbach. Wir sind Kesselstadt, das JUZ, die Initiative 19. Februar Hanau und viele mehr. 
Wir stehen zusammen und kämpfen gemeinsam. 
Gegen die Angst. Für das Leben. Erinnern heißt verändern!

Vater des Attentäters fordert Waffen zurück und stellt rassistische Anzeigen

gefunden auf 19feb-hanau.org
veröffentlicht am 23. Dezember 2020

Wie Spiegel-Online am 15.12.2020 mit Bezug auf Ermittlungsakten veröffentlicht hat, steht der Vater des Täters vom 19. Februar 2020 in Hanau dem verschwörungstheoretischen und rassistischen Weltbild seines Sohnes sehr nahe. Er fordert nicht nur die Mordwaffen zurück, sondern will auch das Traktat seines Sohnes mit dessen rassistischen Vernichtungsphantasien wieder online ins Internet stellen.

Desweiteren stellt er Strafanzeigen wegen „Volksverhetzung“ bezüglich der Gedenkstätten und macht die Opfer zu Tätern. Und nicht zuletzt: er droht in den Schreiben mit weiteren Opfern!

Der Tätervater erscheint als „tickende Zeitbombe“ und gleichzeitig stellt sich die Frage, warum er von den Ermittlungsbehörden nach der Tatnacht binnen weniger Stunden vom Beschuldigten zum Zeugen gemacht wurde. Die Veröffentlichung macht jedenfalls deutlich, dass Vater und Sohn die gleichen rassistischen Vorstellungen teilen. Ob und wie weitgehend für den rassistischen Mordanschlag am 19. Februar eine Beihilfe des Vaters für seinen Sohn gegeben war, muss vor dem Hintergrund der nun öffentlich gewordenen Schriftsätze erneut umfangreich ermittelt und aufgeklärt werden.

Wir fragen die zuständigen Behörden und die Polizei:
Wie ist es möglich, dass der Vater des Täters seit Ende April bis mindestens September 2020 mehrfach solche Anzeigen gestellt hat und dies ohne jegliche Konsequenzen bleibt?
Warum wurden nicht zumindest die Angehörigen der Opfer informiert und Schutz angeboten?
Wie ist es möglich, dass trotz offensichtlicher Fremdgefährdung der Vater in seiner Wohnung in Hanau-Kesselstadt verbleiben darf? Hat er weiter seinen Führerschein und darf auch seine PKWs fahren?
Gibt es ein erneutes Ermittlungsverfahren gegen den Vater als Mitwisser oder Beihelfer zu den Morden vom 19.02.2020?

Wir können nicht fassen, dass nach dem unglaublichen rassistischen Verbrechen mit neun Todesopfern und der Kette behördlichen Versagens vor und während der Tatnacht nun auch im Nachhinein auf die rassistischen Anzeigen des Tätervaters und dessen offensichtliche Fremdgefährdung nicht sofort reagiert wurde. Niemand würde davon auch nur wissen, wenn es die Medien jetzt Monate später nicht endlich öffentlich gemacht hätten. Wenn erneut Schreckliches passiert wäre, hätten dann Behörden und Polizei erneut behauptet, dass sie es vorher nicht wissen konnten?