Hausdurchsuchungen bei Neonazis in Niederzier nach NS-Schmierereien von April 2019

Im April 2019 kam es in und um die Gemeinde Niederzier zu vermehrten Aufkleber und Graffiti Aktionen von Neonazis. Sie beschmierten Fassaden mit Hakenkreuzen und antisemitischen NS-Parolen, wie „BRD verrecke“, „Boykott den Juden“ oder „NSDAP Verbot auflösen“. Bei den Stickern handelte es sich um typische Neonazi Aufkleber, welche frei im Internet zugänglich sind und keinen direkten Bezug zu Parteien oder Rechten Strukturen, wie z.B. „Syndikat 52“ zuließen. Die Gemeinde wehrte sich anfangs nur durch Entfernen der Graffiti und Aufkleber, wonach die Sticker sehr häufig wieder neu auftauchten. Später mischte sich der Bürgermeister Niederziers Hermann Heuser (SPD) ein und machte die Bevölkerung auf das Problem aufmerksam. Im Mittelpunkt stand auch der entstandene Sachschaden und es wurde eine Belohnung von 2.000 Euro für sachdienliche Hinweise ausgesetzt. Die Ermittlungen nahm der Staatsschutz der Polizei Aachen auf. Des weiteren wurden Stimmen für eine Informationsveranstaltung laut, um die Bürger*innen für das Thema rechte Hetze zu sensibilisieren. Es wurde zudem Kontakt zum Dürener Bündnis gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt (http://www.duerener-buendnis.de/) sowie der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus aus Köln (MBR, https://www.mbr-koeln.de) aufgenommen.

Bis zum Juli 2019 mussten immer wieder neue Sticker mit rechten Parolen entfernt werden und einige Hinweise auf die Täter*innen wurden laut Aachener Nachrichten an den Staatsschutz übermittelt. Die Graffiti nahmen in ihrer Anzahl ab. Im gleichen Zeitraum waren aber weiterhin Neonaziaktivitäten zu verzeichnen. Zum Beispiel wurde der schon mehrfach angegriffene jüdische Friedhof in Gangelt erneut geschändet. Dies geschah bereits 2010, dann erneut im Juli 2019 und im Januar 2020 (https://akantifaac.noblogs.org/post/2020/01/24/juedischer-friedhof-in-gangelt-von-neonazis-geschaendet/). In Niederzier kam es im Juli 2019 dann zur angestrebten Infoveranstaltung für interessierte Bürger*innen. Dort sprach Patrick Fels von der MBR. Er stellte klar, dass die Graffiti auf eine tiefere Verwurzelung von rechtsextremistischen Ideologien bei den Verfasser*innen hindeuten. Dies sei nicht die Tat von 16- oder 17-Jährigen. Nach dem Verbot der rechtsextremistischen Kameradschaft Aachener Land (KAL) im Jahr 2012 und der Auflösung des sehr aktiven NPD-Kreisverbandes 2011 im Kreis Düren sei es ruhiger geworden, auch wenn die einst führenden Köpfe immer noch im Kreisgebiet lebten. Dennoch kam es zu mehreren Schmierereien und Stickeraktionen in den vergangenen Jahren, unter anderem in Düren, Jülich, Aldenhoven und Aachen. Seit 2013 ist die Splitterpartei Die Rechte (DR) in Aachen und Heinsberg aktiv, welche bei einem Neonazi-Treffen in Nörvenich am 2. Februar 2013 gegründet wurde. Der Partei gehören auch Mitglieder aus Düren an. Schwerpunkt der Aktivitäten der Partei und ihrer Untergruppierung „Syndikat 52“ sei aber der Kreis Heinsberg. Das „Syndikat 52“ ist aber auch seit 2018 in vermehrt auftretende Neonaziangriffe in Aachen verstrickt (https://de.indymedia.org/node/70593, https://de.indymedia.org/node/67341, https://de.indymedia.org/node/37173, https://de.indymedia.org/node/37171). Auch bei den Angriffen auf den jüdischen Friedhof in Gangelt lassen sich Verbindungen zum „Syndikat 52“ herstellen. Im Kreis Düren kommt es auf Soldatenfriedhöfen immer mal wieder zu sogenannten Heldengedenken, bei denen sich die Neonazis treffen und austauschen. Bei der Infoveranstaltung gab es Unterstützungsangebote vom Projekt „NRWeltoffen“ und vom „Dürener Bündnis gegen Rechts“, welche dankbar angenommen wurden. Die Gemeinde selbst hat ein Banner gegen Rassismus bestellt, dass Vereine bei künftigen Festen aufhängen können.

Im März 2020 kommt es dann zur Ermittlung von Tatverdächtigen durch den Staatsschutz der Aachener Polizei. Dabei wurden zwei 18-jährige Männer aus Niederzier aufgespürt und ihre Handys wurden sichergestellt und durchsucht. Bei der Auswertung der Handys konnten vier weitere Tatverdächtige ermittelt werden. Daraufhin wurden bei vier Tatverdächtigen Hausdurchsuchungen durchgeführt, drei 19-Jährige aus Jülich, Düren und Vettweiß sowie ein 20-Jähriger aus Niederzier. Es wurden Mobiltelefone, Notebooks, Tablets und Datenträger sowie ein Butterflymesser sichergestellt.

(Fotos: Gemeinde Niederzier)