Im Februar 2020 hielten zwei Polizeibeamt*innen ihren Wachdienst vor der Aachener Synagoge ab. Im Dienst schauten sie eine Fernsehserie. Dabei hatten sie, angeblich aus Versehen, ihre Funkanlage auf Dauerfunk eingestellt und sendeten „Heil Hitler“- und „Sieg Heil“-Rufe aus der Serie über Funk weiter. Bei der Auswertung ihrer Handys stießen die Ermittler*innen auf eine polizeiinterne Chatgruppe, in der Hakenkreuze und Hitler-Fotos gepostet und passend kommentiert wurden.
Letzte Woche, also ganze zwei Jahre nach dem Bekanntwerden der Nazichats, trat Polizeipräsident Dirk Weinspach erstmals mit detaillierteren Informationen an die Öffentlichkeit. Zwei Jahre in denen die einzige Information die nach außen Drang war, dass acht strafrechtliche Verfahren in dem Komplex eingeleitet wurden, wovon fünf bereits wieder eingestellt wurden. Außerdem wurden gegen zehn Beamt*innen Disziplinarverfahren eröffnet, zwei von ihnen vom Dienst suspendiert.
Bei der Pressekonferenz gab die Polizei Aachen nun zusätzlich bekannt, dass die Polizisten in den drei übrigen Strafverfahren zu Geldstrafen verurteilt wurden. Die Zahl der immer noch laufenden Disziplinarverfahren hat sich verdoppelt auf 20, hier wurden aber 12 auch schon wieder eingestellt. Erstmals gab es auch eine Angabe zur Größe des Komplexes. In der Chatgruppe sollen 22 Polizist*innen beteiligt gewesen sein.
In Anbetracht der Ausmaße beeindruckt das Abschlussstatement des Polizeipräsidenten. Der überwiegende Teil seiner Kollegen sei von einem tiefen Wertempfinden geprägt und habe den Beruf aus einem tiefen Gerechtigskeitsempfinden ergriffen. Rassismus sei bei der Aachener Polizei kein grundsätzliches Problem, es handle sich um Einzelfälle.
22 Einzelfälle, von denen drei juristische Konsequenzen erfahren haben. Bis auf zwei Beamte verbleibt der Rest im Polizeidienst. Welcher Art dieses tiefe Wertempfinden der Aachener Polizist*innen ist, bleibt bei 22 Kolleg*innen die sich an Hitlerbildchen und rassistischen Schmähungen ergötzen ohne dass dies ein*e Kolleg*in für berichtenswert hält, fraglich. Genauso wie zwei neue, behördeninterne Exremismusbeauftragte dieses Verhalten in Zukunft ändern wollen.
Dazu kommen noch weitere Einzelfälle aus den letzten Jahren.
Bei der Pressekonferenz wurde bekanntgegeben, dass zwei weitere Beamte wegen rassistischem und frauenfeindlichem Verhalten vom Dienst suspendiert wurden.
2014 verbreitete eine Gruppe von Polizeischülern in Aachen rechtsextreme Inhalte und mobbten eine Mitschülerin rassistisch. Nur zwei der Polizeischüler wurden suspendiert, die anderen sechs wurden als „Mitläufer“ bezeichnet und konnten ihre Ausbildung fortsetzen. Bekannt sind auch Verbindungen zu rechten Organisationen und Parteien. Im selben Jahr wurde der Aachener Hauptkommissar Wolfgang Palm aus dem Dienst entlassen. Grund dafür war seine Mitgliedschaft bei der extrem rechten „Bürgerbewegung Pro-NRW“. Nach mehreren Gerichtsverfahren wurde ihm der Beamtenstatus entzogen. Er sitzt heute, zusammen mit Markus Mohr, für die AfD im Stadtrat. Weitere Mitglieder der AfD sind der Bundespolizist Markus Matzerath, Fraktionsvorsitzender im Städteregionsrat Aachen und die Sachbearbeiterin der Aachener Staatsanwaltschaft Mara Lux.
Wir fordern weiterhin die konsequente Entnazifizierung der Aachener Polizei und Aufklärung der Vorfälle von einer unabhängigen Stelle!