Neonazi im Kreis Heinsberg war Chefmoderator beim neonazistischen Thiazi-Forum.

Am 14. Juni 2012 führte das BKA Razzien gegen die Betreiber_innen des größten und wichtigsten deutschsprachigen Neonaziforums “thiazi.net” durch. Gegen 26 mutmaßlich Verantwortliche ermittelt die Polizei wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“. Hiervon betroffen ist auch der “Thiazi”-Chefmoderator Marian R. aus Selfkant im Kreis Heinsberg. In einem Bericht zu seiner Person von der Autonomen Antifa Freiburg wird klar, dass R. alles andere als ein offen agierender Neonazi war.
Rund 25.000 Personen waren bei “Thiazi” registriert. Das Forum diente dem Austausch von Informationen, der Vernetzung und Mobilisierung. Auf “Thiazi” wurden Veranstaltungen beworben, Naziaufmärsche nachbereitet und mit indizierter Nazimusik im großen Stil gehandelt. Teilweise diente das Forum als Einstieg in die organisierte Szene.
Das BKA ermittelt nach eigenen Angaben seit 2009 gegen ” Thiazi”. Am 14. Juni wurden mehrere Wohnungen in Deutschland und England durchsucht, darunter in NRW die Wohnung des “Thiazi”-Moderators Marian R., der im Forum den Nickname „Krafft“ nutzte. R. gehörte als einer von drei Menschen zu den “Thiazi”-Moderatoren, die als „Betreuer für alle Foren“ als einzige über Änderungsrechte in sämtlichen Forenbereichen verfügten. Sie bildeten das Rückgrat von “thiazi.net”. Auffallend ist, dass die Köpfe hinter “Thiazi” eine bürgerliche Existenz leben, wobei vor allem die bürgerliche Fassade von Marian R. besonders heraus sticht.

Marian R. war bis zum 20. Juni 2012 Pflegeleiter der “Michael-Station”, einer psychiatrischen Akut -Station des Fachkrankenhauses für Psychiatrie und Psychotherapie der “Gangelter Einrichtungen Maria Hilf”. Er hat mehrere Fachbücher zu den Themen „Deeskalation in der Pflege“ und „Kommunikative Deeskalation“ veröffentlicht. Noch am 8. und 9. Mai 2012 führte er am Berufskolleg Ernährung-Sozialwesen-Technik des Kreises Heinsberg in Geilenkirchen eine Veranstaltung durch, um die interkulturelle Kompetenz von Lehrkräften zu fördern und mit diesen die Deeskalation in gewalttätigen Situationen zu trainieren. Außerdem hat R., der im Internet als „Fachgesundheits- und Krankenpfleger für Psychiatrie, Zusatzqualifikation Maßregelvollzug/Forensik, Deeskalationstrainer und Schutztechnikentrainer“ bezeichnet wird, auch beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe und der Polizei in Münster ausgebildet. R. trainierte u.a. die Kampfsportart Wing Tsun. Zudem war R. Geschäftspartner mehrerer Deeskalationstrainer_innen und fungierte als Ansprechpartner im Falle von Verstößen gegen die „humanistischen Werte“ des Deutschen Vereins für Gewaltprävention, der mit “SOS Rassismus NRW” kooperiert.
Berichten von Antifagruppen zufolge haben seine Vereinskolleg_innen prompt reagiert und die Zusammenarbeit mit ihrem „Antirassismusbeauftragten“ beendet. Auch die “Gangelter Einrichtungen” haben ihren Angestellten entlassen. Eigenen Angaben zufolge hatten die Menschen die mit R. zusammengearbeitet haben, nicht die leiseste Ahnung von seiner Einstellung . Anscheinend ist es ihm über Jahre gelungen, ein Doppelleben zu führen.

Im Thiazi Forum selbst äußerte er sich hingegen eindeutig, wenn er beispielsweise Homosexualität als „schwere Persönlichkeitsstörung“ verbunden mit „kognitivem Abbau“ bezeichnete. In einem Beitrag vom 8.8. 2008 weist er darauf hin, dass zu viele Neonazis im Forum in offen lesbaren Threads Phantasien über medizinische Experimente an Homosexuellen äußern würden: „Wir haben ETLICHE Stränge zum Thema Homosexualität und deren Ursachen. In einigen wird auch darüber beraten, ob Schwuchteln zu heilen sind. Durch Medikamente, Psychotherapie usw… Meinetwegen kann ja der Therapieansatz ‚Entschwuchtelungslager‘ dort eingebracht werden. Aber bitte mit weniger Privatunterhaltungen und ein wenig mehr Ernst bei der Sache!“

Nachdem Antifaschist_innen 2010 erstmals Informationen über einige Betreiber_innen von “Thiazi” veröffentlichten, gab „Krafft“ zwar seinen Rückzug aus dem Forum bekannt, durch die zeitgleiche Abschaffung personalisierter Moderations-Accounts kann er jedoch weiterhin anonym als Moderator für “Thiazi” tätig gewesen sein. R. war nach unserem Wissen nicht mit der lokalen Naziszene vernetzt und beteiligte sich nie an Aufmärschen. Er lebte völlig unauffällig. Dennoch gestaltete er das wichtigste Neonaziforum Deutschlands und vielleicht Europas maßgeblich mit.

Von den Polizeidienststellen in denen R. bisher Anti-Rassismusschulungen durchgeführt hat, ist noch keine Stellung dazu bezogen worden, dass hier ein Neonazis Polizist_innen beibringen sollte, wie sie antirassistisch handeln.

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