Prozessbeginn wegen des Naziüberfalls am 27.3.2008 und Antifaschistische Aktionen

Dokumentation :

Erklärung des Antifaschistischen Aktionsbündnis Aachen
zum juristischen Nachspiel der von Neonazis überfallenen Demonstration am 27.3.2008

Es ist über ein Jahr her, dass eine antifaschistische Demonstration von bewaffneten kriminellen Neonazis überfallen wurde. Die Polizei war nicht in der Lage, das Demonstrationsrecht in Aachen zu gewährleisten. Der Polizeipräsident musste sich vor dem Hauptausschuss des Stadtrates öffentlich entschuldigen. Der Polizeieinsatz forderte viele Verletzte durch das unkontrollierte Versprühen von Reizgas und durch die völlig überforderten 8 Streifenbeamten. Dementsprechend ist festzuhalten, dass die Polizei eine enorme Mitschuld an dem Chaos hatte!

Die Demonstration hat ein Jahr später ein juristisches Nachspiel, das vielen die Augen öffnen wird, die sich vor einem Jahr noch gern dem Polizeipräsident unterordneten.
Bis heute steht nicht einer der namentlich bekannten Angreifer vor Gericht. Obwohl die kriminellen Neonazis bewaffnet waren, sollen sie nur wegen einfachen Landfriedensbruchs verfolgt werden. Vor Gericht stehen am Dienstag, den 28. April ab 9.00 Uhr vielmehr der Leiter der angemeldeten und friedlichen Demonstration sowie ein weiterer Teilnehmer. Das ist ein Skandal! Dabei ist das Unvermögen der Polizei die Ursache für die Situation während der Demonstration, einschließlich der Vorkommnisse, die hier zur Debatte stehen.

Der Vorwurf: Angeblich hätten die beiden Antifaschisten Widerstand gegen VollstreckungsbeamtInnen geleistet. Der Hintergrund wurde bereits in öffentlicher Rede, in der Presse und in Stellungnahmen beleuchtet. Zusammengefasst läßt sich sagen: Zwei Personen hatten während des Tumults nach dem Überfall der Neonazis eine Antifaschistin in den Würgegriff genommen. Der doppelt so schwere Mann drückte die zierliche Demonstrantin nieder und fügte ihr große Schmerzen zu. Die in der Nähe befindlichen DemonstrantInnen gingen davon aus, dass die beiden dunkel gekleideten Personen zum Kreis der Neonazis gehörten. Erst am Ende dieser knapp 5 minütigen Szene, nachdem eine Menge Tränengas versprüht worden war, lagen der schwere dunkle Mann und ein Demonstrationsteilnehmer auf dem Boden. Erst danach gab sich der dunkel gekleidete Mann als Polizist zu erkennen. Die beiden ZivilbeamtInnen hatten nicht eine Sekunde daran gedacht, den Überfall der Neonazis abzuwehren und den Überfallenen zu Hilfe zu kommen. Sie hatten dem Überfall zugeschaut und sich anonym im Getümmel eine linke Demonstrantin geschnappt. Die PolizeibeamtInnen behaupten nun, sie hätten sich pausenlos ausgewiesen, was aber eine Schutzbehauptung ist.
Der Leiter der Demonstration hat auf diesen Vorfall am Ende der Demonstration hingewiesen und vom Polizeipräsidenten dienstrechtliche Konsequenzen gefordert.
Statt den Vorwürfen gegen die ZivilbeamtInnen nachzugehen, durfte ausgerechnet die Zivilbeamtin noch am darauffolgenden Abend die Anzeigen gegen den Demonstrationsleiter und den anderen Teilnehmer schreiben. Ihre Darstellung ist immer noch die Grundlage der Anklage durch die Staatsanwaltschaft, obwohl klar ist, dass es hier vor allem darum ging, dass die ZivilbeamtInnen eine Verteidigungslinie in einem drohenden Verfahren der Dienstaufsicht aufbauen wollten.

Noch vor kurzem wollte die Staatsanwaltschaft der Öffentlichkeit weismachen, sie ginge gegen „Rechts und Links“ mit gleicher Härte vor. Das Strafverfahren gegen die Überfallenen und die Verschleppung des Verfahrens gegen die kriminellen Neonazis sprechen eine deutlich andere Sprache. Hier sollen zwei BeamtInnen in zivil rein gewaschen werden, die mit und ohne Uniform an Rechtsgrundsätze wie die Verhältnismäßigkeit der Mittel gebunden sind. Die Quälerei der Demonstrantin war völlig unverhältnismäßig! Die Zivilbeamtin hatte vermutet, dass die Demonstrantin ihre Fahne erhoben habe, um damit einen der Nazi-Aggressoren zu schlagen. Das war der ganze Anlass.

Wir fordern die Mitglieder des Stadtrates auf, die Nachbearbeitung der Demonstration wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Der Pressesprecher der Polizei hat die Presse belogen, als er am 30.3.2008 behauptete, es werde „nur“ gegen einen Demonstrationsteilnehmer aus unseren Reihen ermittelt. In Wirklichkeit wurde die Anzeige gegen den Leiter unserer Demonstration noch am Abend der Demonstration von der öffentlich scharf kritisierten Zivilpolizistin geschrieben.

Wir fordern die Stadträte auf: Lassen Sie sich nicht mehr so einfach einwickeln. Fragen Sie mehr nach. Die Fragen sind doch schon öffentlich gestellt und werden entweder gar nicht oder ausweichend (Staatsanwaltschaft) beantwortet.

Wir fordern die sofortige Einstellung des konstruierten Verfahrens gegen die TeilnehmerInnen unserer Demonstration und die vollständige und harte Verurteilung der kriminellen Neonazis.
Die Neonazis tanzen den Strafverfolgungsbehörden in Aachen auf der Nase herum, weil sie ungestraft oder milde beurteilt aus allen Strafanzeigen herauskommen. Wer wie die Staatsanwaltschaft Morddrohungen gegen AussteigerInnen aus der Naziszene als private Meinungsäußerung adelt, handelt verantwortungslos.

Es ist an der Zeit, dass die PolitikerInnen in der Stadt, aber vor allem in der Landesregierung ihre Vogelstrauss Politik einstellen. Die Strafverfolgungsbehörden sind nicht fähig, in der Region den Schutz vor Neonazi-Banden herzustellen und zu gewährleisten. Die Region Aachen ist laut Verfassungsschutzbericht diejenige mit den aktivsten Neonazigruppen. Von nichts kommt nichts und es ist zu einfach, sich hinter der Ideologie zu verschanzen, wonach rechts und links gleich (zu behandeln) seien. Es ist zu einfach, die Gegenwehr gegen die Neonazis allein den Linken aufzubürden.

Wir zeigen uns solidarisch mit den von Polizei und Staatsanwaltschaft verfolgten AntifaschistInnen. Wir kritisieren die Aachener Polizei und die Staatsanwaltschaft wegen ihrer ideologischen Verblendung.

Wir rufen auf zur Kundgebung und Demonstration
Am Montag, 27. April 2009 um 18.00 Uhr an der Kasernenstraße/Ecke Boxgraben

Wir rufen auf, den Prozess am Dienstag den 28. 4. 2009 im Amtsgericht Aachen, Raum 1.025 auf der ersten Etage ab 9.00 Uhr zu besuchen. Da es Einlasskontrollen gibt, bitte rechtzeitig eintreffen. Wir rufen auf zur Solidarität mit den beiden Antifaschisten vor Gericht.