Demo in Stolberg am 4.4. – Gegen Neonazis, Rassismus und Extremismusquatsch

Auch im April 2012 wollen Nazis aus dem gesamten Bundesgebiet, Belgien und den Niederlanden in Stolberg aufmarschieren. Sie mobilisieren für Mittwoch, den 4. April zu einem Fackelmarsch sowie für Samstag, den 7. April zu einem “Trauermarsch” durch Stolberg.
Am Mittwoch dem 4.4. wird es eine Antifa-Demo in Stolberg geben.
Am 7.4. wird dazu aufgerufen, den Naziaufmarsch zu blockieren.

Wir dokumentieren hier den Aufruf zur Demo am 4.4. Alle weiteren Infos zur Demo findet ihr hier.

Auch im April 2012 wollen Nazis aus dem gesamten Bundesgebiet, Belgien und den Niederlanden in Stolberg aufmarschieren. Sie mobilisieren für Mittwoch, den 4. April zu einem Fackelmarsch sowie für Samstag, den 7. April zu einem “Trauermarsch” durch Stolberg.
Seit inzwischen 5 Jahren kommen jährlich zwischen 500 und 800 Neonazis, um den Tod eines Jugendlichen zu instrumentalisieren. Am 4. April 2008 kam es zu einem Beziehungsstreit zwischen mehreren Jugendlichen, in dessen Folge Kevin P. erstochen wurde. Bereits Stunden nach dem Vorfall diskutierten Nazis in ihren Foren das Ereignis. Schnell stand fest, dass weit über die Region hinaus Nazis den Tod des jungen Mannes für sich zu vereinnahmen versuchten.

Genauso wie Kevin P. zu einem Märtyrer und „Kameraden“ stilisiert wurde, konstruierte die Nazi-Szene den für die Tat Verhafteten zum „brutalen Ausländer“. Allein im April 2008 folgten von Naziseite drei Aufmärsche, die sich in darauffolgenden Jahren etablierten. Seitdem versucht die Nazi-Szene in Stolberg ein symbolisches Datum, ein Großereignis zu etablieren. Es wird ein Bild gezeichnet, nachdem die Tat nur ein weiteres Beispiel für eine ständige Verfolgung „der Deutschen“, der Nationalist_innen durch Migrant_innen, durch Linke und durch eine breite Öffentlichkeit sei, gegen die sie sich gemeinsam, entschlossen und gewaltsam zur Wehr setzen müssten. Deshalb spielt es bei den Nazis mittlerweile auch immer weniger eine Rolle, ob Kevin ein „Kamerad“ war oder nicht, er war schließlich Deutscher und das reicht, um ihn als symbolisches Opfer der Deutschen zu inszenieren.

Anstieg der Naziaktivitäten
Es ist nicht verwunderlich, dass die Aufmärsche in Stolberg mit einem Anstieg von Nazi-Aktivitäten in Aachen einher gehen. Diese zeigten sich vor allem in gezielten Angriffen und Einschüchterungskampagnen gegen Antifaschist_innen und andere vermeintliche Gegner_innen sowie deren Familien, Privatwohnungen, auf das Autonome Zentrum am Hauptbahnhof, das Linke Zentrum in der Augustastraße und das DGB-Haus am Europaplatz.

Extremismusquatsch!
In Stolberg gibt es ein lokales Bündnis gegen die Naziaufmärsche.
Selbst die Stolberger Ortsgruppe der Jungen Union bezieht jedes Jahr öffentlich Position gegen die “Demokratiefeinde”. Doch ist deren Motivation nicht die Verhinderung des Naziaufmarschs sondern die Bekämpfung des Extremismus von links und rechts.
Anlass eines Schreibens aus dem Jahr 2011 im Vorfeld der Aufmärsche war die Kritik an einem öffentlichen Blockadetraining des überregionalen antifaschistischen Bündnisses. Diese darin ausgedrückte Haltung der „Dagegen-Mentalität“ impliziere eine „Eskalation“ und eine „Erschwernis für unsere Polizeikräfte“, deren „Mehraufwand“ letztendlich nichts weiter als ein erhöhter Einsatz von Steuergeldern bewirke, so die Junge Union damals. Krönung des Ganzen: ein mit „Besorgnis“ zur Kenntnis genommener „Linksruck“ sämtlicher Jugendorganisationen, die sich mit diesem Haufen von „Extremisten“ (gemeint sind Antifaschist_innen) auch noch solidarisierten.

Umso besser für das „Stolberger Bündnis gegen Radikalismus“. Dieses benennt durch seinen Titel bereits das Kind beim Namen. Das „partei- und spektrenübergreifende Bündnis“ inszeniert sich als großes, bürgerliches Bollwerk gegen das unpopuläre Nazievent in ihrer glorifizierten „Kupferstadt“ Stolberg. Neben den Standortverwaltern von den Grünen und der CDU bleibt eben kein Platz für „Radikale“. Stolz verkünden sie auf ihrer Homepage: „Wir sind Stolberg, Nazis sind es nicht.“

Die bürgerliche Mitte sieht „Linksextremisten“ und „Rechtsextremisten“ als gleichwertige Bedrohungen für die „demokratische Mitte“ an, die gleichermaßen bekämpft werden müssen und die einander näher stünden als beispielsweise extrem Rechte dem Konservatismus. Diejenigen, die sich nicht nur aktiv gegen Nazis stellen sondern auch den Rassismus der Mitte, ein auf Ausbeutung basierendes Wirtschaftssystem und die Einteilung der Menschen in „nützlich“ und „unnütz“ angreifen, sollen also letztlich auch nicht anders sein als die Nazis. Wenn selbst die Junge Union und das „Bündnis gegen Radikalismus“ den Begriff „Antifaschismus“ besetzen, ist es umso notwendiger diesen von diesen Parteien propagierten Extremismusquatsch anzugreifen und einen radikalen Antifaschismus zu fördern.

Kriminalisierung antifaschistischer Proteste
Einher geht die um sich greifende Extremismusdoktrin mit Kriminalisierungen von Antifaschismus. Das beste Beispiel sind hier wohl die Repressionen in Sachsen. Beispielsweise versuchten sich die “Beschützer der Demokratie” Anfang 2010 an der Kriminalisierung von „Dresden Nazifrei“. Die Staatsanwaltschaft ließ mehrere Objekte durchsuchen, um Mobilisierungsmaterial sicherzustellen. Der legitime Aufruf zum Blockieren des Naziaufmarsches wurde zum Aufruf zu Straftaten erklärt.
Ein besonders anschauliches Beispiel, wie reaktionäre Geschichtspolitik mit dem Mantel der „Extremismusbekämpfung“ verdeckt wird, ist das neue Sächsische Versammlungsgesetz, das „Extremisten in Sachsen deutliche Grenzen setzen“ soll. Das Gesetz verbietet u.a. Demos, die „Organe oder Vertreter der nationalsozialistischen oder kommunistischen Gewaltherrschaft als vorbildlich oder ehrenhaft darstellen.“ Es stellt damit die Rote Armee mit SS-Verbänden, also die Befreier_innen von Auschwitz mit den Betreiber_innen von Auschwitz, auf eine Stufe – eine glasklare NS-Verharmlosung in Gesetzesform.
Das ist eine deutliche Ansage: In Dresden will man gefälligst weiter ungestört den eigenen, „guten“ Opferdiskurs pflegen und sich allenfalls mit Menschenketten symbolisch vom „bösen“ Opferdiskurs der Neonazis abgrenzen.
Dabei werden dann die Aktionen von „Dresden Nazifrei“ und „no pasarán“, die sich aktiv gegen den Neonazi-Aufmarsch stellen und dabei auch den Dresdener Opfermythos kritisieren, als genauso störend empfunden wie die menschenverachtende Propaganda der Neonazis.

Dass es bei der ganzen Propaganda der „Extremistengegner“ nicht um den Schutz der Einzelnen vor körperlicher Unversehrtheit geht, das hat die Realität bewiesen − es ist an uns zu beweisen, dass wir diese Realität nicht akzeptieren.

Deshalb rufen wir auf zur Demonstration in Stolberg am 4.4. “Gegen Nazis, Rassismus und Extremismusquatsch!”