Redebeitrag 11.07.20: Rechte Netzwerke bei der Aachener Polizei

Dieser Text wurde als Redebeitrag auf der „Entnazifizierung jetzt! – Extrem rechte Netzwerke in der Aachener Polizei aufdecken!-Demo am 11. Juli in Aachen gehalten:

Die Veröffentlichungen über extrem rechte Netzwerke und Beamt*innen erstrecken sich von der Bundeswehr und dem Verfassungsschutz über Sondereinheiten bis hin zu den lokalen Polizeibehörden. Eigentlich sind dies keine Neuigkeiten, aber in den letzten Monaten häuften sich die Presseberichte und rückten das Thema wieder einmal in den Fokus der Öffentlichkeit, die sich schockiert zeigt. Doch Reaktionen, die sich auf das ganze Ausmaß beziehen und die Kontinuität der Vorfälle erkennen, sind spärlich.

Die Artikel berichten beispielsweise über Chatgruppen, in denen extrem rechte Inhalte und rassistische Hetze verbreitet wird. Genau dies passierte auch in Aachen.

Im Februar sendeten zwei Beamte „Heil Hitler“ und „Sieg Heil“-Rufe aus einer Fernsehserie über Funk weiter, während sie vor der Synagoge ihren Dienst abhielten. Angeblich war dies ein Versehen. Im Rahmen der Ermittlungen wurde ein Handy ausgewertet. In einer polizeiinternen Chatgruppe wurden verfassungsfeindliche Symbole, darunter Hakenkreuze und Hitler-Fotos gepostet. Gegen drei Polizist*innen laufen nun Verfahren wegen Volksverhetzung und Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole. Gegen die beiden Beamten, die es anscheinend unproblematisch fanden, besagte Serie zu schauen, läuft ein Disziplinarverfahren.

Dirk Weinspach, der Aachener Polizeipräsident sprach von einem „einmaligen Vorfall“, doch wir haben die Einzelfalltheorie satt. Schon 2014 erregte in Aachen eine Gruppe von Polizeischülern Aufsehen. Sie verbreiteten rechtsextreme Inhalte und mobbten eine Mitschülerin rassistisch. Nur zwei der Polizeischüler wurden suspendiert, die anderen sechs wurden als „Mitläufer“ bezeichnet und konnten ihre Ausbildung fortsetzen. Da lässt sich wiedermal erkennen, dass lückenlose Aufklärung innerhalb der eigenen Reihen keinen hohen Stellenwert hat.

Doch damit nicht genug, bekannt sind auch Verbindungen zu rechten Organisationen und Parteien. Im selben Jahr, also 2014, wurde der Aachener Hauptkommissar Wolfgang Palm aus dem Dienst entlassen. Grund dafür war seine Mitgliedschaft bei der rechtspopulistischen „Bürgerbewegung Pro-NRW“. Nach mehreren Gerichtsverfahren wurde ihm der Beamtenstatus entzogen. Er sitzt heute noch, zusammen mit Markus Mohr von der AfD, im Stadtrat. Beide sind Gründungsmitglied der „Allianz für Aachen“.

Weitere Mitglieder der AfD sind der Bundespolizist Markus Matzerath und die Sachbearbeiterin der Aachener Staatsanwaltschaft Mara Lux.

Richtet man den Blick auf ganz NRW sticht einem die aufgeflogene, extrem rechte Terrorzelle ins Auge. Dieser gehörte auch ein Verwaltungsmitarbeiter der Polizei Hamm, Thorsten W. an. Die Zelle plante Anschläge auf Politiker*innen, Muslime und Muslima und Asylsuchende. Der Angriff auf sechs Moscheen im Raum Augsburg war anscheinend gut vorbereitet. Bei Razzien wurden eine schussbereite 9-Millimeter-Pistole, selbst gebaute Handgranaten, eine Armbrust, Äxte, Morgensterne und zahlreiche Messer sichergestellt.

Thorsten W. fiel schon vor zehn Jahren auf, durch eindeutige Merkmale einer rechten Gesinnung. Er las die neurechte Zeitschrift „Junge Freiheit“, auf seinem Balkon wehte eine Reichskriegsflagge und er trug Thor Steinar Klamotten. Es folgte dasselbe Spiel wie sonst: Die Polizei reagierte mit internen Maßnahmen, es kam zu einem Gespräch mit der Anordnung der politischen Mäßigung. Es wurden keine Disziplinarmaßnahmen ergriffen oder Strafanträge gestellt, die Öffentlichkeit wurde nicht informiert.

Dass Thorsten W. in der Abteilung für „waffenrechtliche Erlaubnisse“ arbeitete, hinterlässt einen bitteren Beigeschmack. Zurzeit werden tausende Akten überprüft, um herauszufinden, ob und an wen er Waffenscheine erteilt hat.

Die Reaktion der Landespolitik beschränkte sich auf den Einsatz von sogenannten Extremismusbeauftragten. Hierbei kann anscheinend nicht mal das Problem klar benannt werden. Die politische Orientierung von Polizist*innen deckt nicht das gesamte politische Spektrum ab, sondern zeigt logischerweise eine klar rechte Tendenz, von Konservativen bis hin zu Nazis und Rassisten ist alles dabei.

Daher ist für uns klar, dass Reformen nicht ausreichen. Die Polizei gehört als Ganzes abgeschafft, es müssen Organe geschaffen werden, die für die Gesellschaft da sind und nicht gegen diese arbeiten. Diese Arbeit muss öffentlich nachvollziehbar sein, Entscheidungen transparent. Dabei sollte der Fokus auf Prävention liegen, im Grunde der Kampf gegen soziale Ungleichheit. Deeskalation statt Repression, Kommunikation statt Knast. Und konsequenter Umgang mit rechtem, menschenverachtendem Gedankengut. Denn die Gefahr geht nicht vom kleinkriminellen Ladendieb aus, sondern von denen, die ohne ausreichende, gesellschaftliche Kontrolle, die Erlaubnis haben, Gewalt an Menschen auszuüben und im Notfall Menschen zu erschießen. Und von denen, die Menschen aufgrund von Hautfarbe, Religion oder Sexualität abwerten und verurteilen.

Es ist die Polizei, die unter Generalverdacht gestellt werden muss.

Lasst uns zusammenstehen gegen die autoritäre Formierung, gegen rechte Netzwerke in Polizei und Behörden.

Wir fordern konsequente Entnazifizierung!

Wir werden die Opfer von rechter Gewalt und Polizeigewalt niemals vergessen!